Religiöses Mobbing an Grundschule: Schülerin mit dem Tod bedroht
Ein Fall von vermutlich antisemitisch motiviertem Mobbing an einer Grundschule löst großes Echo aus – sogar Außenminister Heiko Maas (SPD) mischt sich ein.
Ein neuer Fall von offenbar antisemitisch motiviertem Mobbing an einer Schule sorgt für Aufregung. Die Berliner Zeitung hatte am Wochenende über den Fall einer Grundschülerin an der Paul-Simmel-Grundschule in Tempelhof berichtet. Muslimische Mitschüler hätten das Mädchen gefragt, ob sie Jüdin sei, hatte der Vater der Schülerin der Zeitung erzählt. Weil ein Elternteil des Mädchens jüdischer Herkunft ist, habe sie das bejaht. Die Mitschüler hätten daraufhin das Wort „Jude“ drohend wiederholt. Außerdem sei seine Tochter bei einem früheren Vorfall mit dem Tod bedroht worden, weil sie nicht an Allah glaube.
Der Vorfall löste ein großes politisches Echo aus. Außenminister Heiko Maas (SPD) mischte sich am Montag via Twitter von seiner Israel-Reise aus in die Debatte ein. Wenn ein Kind antisemitisch bedroht werde, sei das „beschämend und unerträglich“. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) nannte den Vorfall „furchtbar und besorgniserregend“. Ex-Grünen-Chef Cem Özdemir forderte eine Meldepflicht für rassistische Übergriffe in Schulen.
Der Bildungsverwaltung seien die Vorfälle seit längerem bekannt, teilte eine Sprecherin mit. Unter anderem sollen auch IS-Enthauptungsvideos in Chatgruppen geteilt worden sein. Es habe dann Gespräche mit SchülerInnen, Eltern, der bezirklichen Schulaufsicht und der Polizei gegeben.
Antisemtische Übergriffe an Schulen machen immer wieder Schlagzeilen. Größere Aufmerksamkeit erregte zuletzt vor einem Jahr der Fall eines jüdischen Schülers in Friedenau. Er war von Mitschülern wegen seiner Religion gemobbt worden – die Eltern nahmen ihn von der Schule. Expertinnen wie Marina Chernivsky vom Kompetenzzentrum Prävention und Empowerment bei der Zentralen Wohlfahrtstelle der Juden in Deutschland kritisieren immer wieder, dass es in den Schulen an Wissen fehle, um kompetent mit Antisemitismus umzugehen. Zudem gebe es zwar viele Präventionsprojekte, aber keine fest etablierten, regelhaft geförderten Strukturen.
Dass an den Schulen Fortbildungsbedarf besteht, bestätigte 2017 eine Umfrage des American Jewish Committee an 21 Berliner Schulen. Die Lehrkräfte sagten, es fehle ihnen an Wissen über Islamismus und den Nahostkonflikt, um auf rassistische Vorfälle zu reagieren. Zudem werde eine aggressive Minderheit von muslimischen SchülerInnen lauter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“