Rekorddürre plagt Kalifornien: Kein Wasser, kein Anbau, keine Jobs
Noch nie seit Beginn der Messungen war es in Kalifornien so lange so trocken. Deshalb droht den Landarbeitern im US-Agrarstaat die Massenarbeitslosigkeit.
WASHINGTON taz | Kaliforniens Central Valley ist die Obst-, Gemüse- und Weinkammer der USA. Nirgends ist die Landwirtschaft produktiver. Doch in diesem Jahr drohen der fruchtbaren Region Massenarbeitslosigkeit für Landarbeiter und Beschäftigte in den Agro-Fabriken.
Grund ist die schwerste Dürre, die dort je erfasst worden ist. Nachdem der Bundesstaat schon im vergangenen Jahr einen rekordhohen Wassermangel hatte, sind die Wasservorräte mitten in der kalten – und theoretisch feuchten – Jahreszeit, immer knapper. Nichts deutet darauf hin, dass sich daran etwas in den verbleibenden Winterwochen ändert. Und die Behörden haben die Wasserzuteilung bereits auf Monate hinaus rationiert.
Stauseen in Kalifornien, die zu dieser Jahreszeit gewöhnlich zu zwei Dritteln gefüllt sind, halten im Augenblick nur 39 Prozent ihrer Wasserkapazität. Große Seen sind zu kleinen Tümpeln geschrumpft. Die Schneedecke in der Sierra Nevada, von der sonst bei der Schmelze neues Wasser in die Täler kommt, beträgt nur 12 Prozent ihres üblichen Niveaus. Der Grundwasserspiegel ist gesunken. Und der Regen ist schon so lange ausgeblieben, dass verschiedene religiöse Gruppen Gebete veranstalten.
In der Stadt Santa Clara füllen Restaurants die Wassergläser ihrer Kunden nur noch auf deren ausdrücklichen Wunsch. Zahlreiche Gemeinden haben es verboten, tagsüber Autos zu waschen, Rasen zu sprengen und Schwimmbäder zu füllen. Doch die größte Wasserkonsumentin ist die Landwirtschaft im Central Valley. Auch dieses Wasser, das vor allem aus höher gelegenen Reservoirs kommt, ist rationiert.
25 Prozent der Felder werden brach liegen
Um diese Jahreszeit beginnt dort normalerweise der Anbau von Tomaten sowie bald auch Zwiebeln und Knoblauch. Ohne Wasser ist das nicht möglich. Der Direktor des mitten im Central Valley gelegenen Fresno County Farm Bureau schätzt, dass bis zu 25 Prozent der bewässerten Felder und Obstplantagen in diesem Jahr brach liegen werden. Ohne Bewässerung droht Mandelbäumen, Weinstöcken und anderen mehrjährigen Pflanzen das Vertrocknen. Auch in der Cantaloupe-Melonen-Hauptstadt der USA, Mendota, bahnt sich ein Katastrophenjahr an.
Im Central Valley hängt ein Drittel aller Arbeitsplätze von der Landwirtschaft ab. Bei einer früheren – weniger dramatischen – Dürre im Jahr 2009 schnellte die Arbeitslosigkeit sofort auf 40 Prozent. In Mendota befürchtet Bürgermeister Robert Silva, dass dieses Jahr noch härter werden könnte. In einem Interview mit Journalisten sagt er: „Wir werden die Suppenküchenhauptstadt.“ Wohltätige Organisationen suchen schon jetzt nach Standorten in der fruchtbaren Region, wo sie die Nahrungsmittelverteilung organisieren können.
Statt mit den üblichen Winterarbeiten zu beginnen, planen Farmer in der Region jetzt, tiefere Brunnen zu bohren. Aber zugleich haben sie längst entschieden, dass sie weniger Leute für diese Saison einstellen. Von der Dürre im Central Valley sind sämtliche Wirtschaftszweige betroffen: der Obst und Gemüseanbau, die verarbeitende Industrie, die Traktorenwerkstätten und die Läden, die Zubehör für die Landwirtschaft verkaufen.
In der am stärksten betroffenen Region sind die Mehrheit der Bevölkerung Latinos, die wiederum mehrheitlich Wähler der Demokratischen Partei sind. Angesichts der Dürrekatastrophe versucht die örtliche Republikanische Partei Terrain mit Wasserpolitik zurückzuerobern. Ihre Politiker machen die Umweltpolitik der Demokraten für die Dürre verantwortlich. Governor Jerry Brown, ein Demokrat, hält dagegen: „Dies ist kein Parteien-Thema. Es ist Mutter Natur.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Fortschrittsinfluencer über Zuversicht
„Es setzt sich durch, wer die bessere Geschichte hat“