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Reißwolf-Affäre: Senator belastet

Bundesamt für Verfassungsschutz widerspricht der Entlastungsstrategie von Berlins Innensenator Werthebach. Vorwurf der Aktenvernichtung bleibt  ■   Von Philipp Gessler

Berlin (taz) – Berlins Innensenator Eckart Werthebach (CDU) ist bei der heutigen Sitzung des Untersuchungsausschusses zum Blutbad am Israelischen Generalkonsulat schwer belastet worden. Der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Peter Frisch, erklärte nach Aussagen von Ausschussmitgliedern in der nichtöffentlichen Sitzung, sein Amt habe den Berliner Behörden am Vortag des Blutbads keine Prioritätenliste gefährdeter Objekte vorgegeben. Damit ist die Verteidigungslinie Werthebachs gegenüber den Vorwürfen wegen des minimalen Schutzes des Konsulats erneut ins Wanken geraten.

Der Senator hatte stets betont, die Vertretung sei deshalb nur von den üblichen drei Polizisten geschützt worden, da das Bundesamt für Verfassungsschutz eine Rangfolge gefährdeter Objekte aufgestellt hatte. Auf dieser angeblich vorgegebenen Liste aber sei Israel nur weit hinten erschienen. Deshalb hätten Berlins Sicherheitskräfte nur einen geringen Schutz für das Konsulat für nötig erachtet. Bei der versuchten Konsulatsbesetzung waren vier Kurden von israelischen Sicherheitsleuten erschossen worden.

In einer anderen Frage der Affäre ist Werthebach jedoch auch teilweise von einem Mitarbeiter entlastet worden. Dabei geht es um den Vorwurf, die Innenverwaltung habe den Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz, Eduard Vermander, angewiesen, eine Akte zu vernichten, die Werthebachs Verteidigung schwächte.

Vermander hatte am Vortag des Konsulatssturms mit Frisch telefoniert und dann in einem Vermerk über das Gespräch festgehalten: Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe keine Rangfolge bei der Sicherheitsvorsorge vorgeschrieben – was Frisch auch jetzt bestätigte. Das Original dieses Vermerks aber, der Werthebachs Entlastungsstrategie widersprach, wurde von einem Mitarbeiter Werthebachs vernichtet, wie die heutige Sitzung des Ausschusses ergab: Axel Dechamps, in der Innenverwaltung für das Landesverfassungsschutzamt verantwortlich, begründete dies damit, dass er mit dem Zerreißen des Vermerks „Missverständnisse“ habe vermeiden wollen. Der zerstörte Vermerk wurde durch einen neuen ersetzt: Der neue Vermerk enthielt eine Rangfolge und stützte damit Werthebach. Außerdem ließ er sich besser mit einer anderen Akte in Einklang bringen, die ebenfalls eine Rangfolge festhielt. Sein Chef Werthebach aber, so Dechamps, habe von der Aktenvernichtung nichts gewusst.

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