piwik no script img

Regisseur Serebrennikow festgenommenUnterschlagung oder Zensur?

Im Juli war eine seiner Inszenierungen kurzfristig gekippt worden. Nun nahm die Moskauer Justiz Kirill Serebrennikow wegen Betrugsverdachts fest.

Unbequem: Kirill Serebrennikow musste schon im Mai seinen Pass abgeben Foto: dpa

Moskau ap | Der prominente russische Theaterregisseur Kirill Serebrennikow ist unter dem Verdacht der Unterschlagung festgenommen worden. Serebrennikow werde verdächtigt, 68 Millionen Rubel (knapp eine Million Euro) staatlicher Gelder veruntreut zu haben, die für eine Produktion an seinem Theater vorgesehen waren, teilte das Staatliche Ermittlungskomitee am Dienstag mit.

Serebrennikow ist für gewagte Produktionen bekannt, die die zunehmend konservative Haltung der russischen Gesellschaft aufs Korn nehmen. Der 47-Jährige war bereits im Mai kurzzeitig in Gewahrsam genommen und befragt worden.

Damals warfen ihm die Ermittler aber noch keine Beteiligung an einer Unterschlagung vor. Der Buchhalter und ein leitender Manager des Theaters befinden sich seither in Gewahrsam, ein weiterer Manager steht unter Hausarrest. Russische Medien berichteten diesen Monat, der Buchhalter habe gegen den Regisseur ausgesagt.

Serebrennikow hat jegliches Fehlverhalten zurückgewiesen. Seine Anhänger sehen in den Ermittlungen eine Vergeltung konservativer Kreise des Kremls wegen Serebrennikows satirischer Kritik an russischen Behörden. Seine Produktionen sind seit Jahren ausverkauft.

Im Juli hatte das Bolschoi-Theater eine mit Spannung erwartete Ballett-Inszenierung unter der Leitung von Serebrennikow drei Tage vor der Premiere abgesagt. In der Moskauer Kunstszene sprachen viele Beobachter daraufhin von einer Rückkehr zur Zensur. Das Bolschoi wies Berichte zurück, wonach die Inszenierung wegen ihrer freimütigen Darstellung der homosexuellen Beziehungen des Protagonisten gestrichen worden sei.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!