Regisseur Sebastian Körner über Wölfe: „Angst habe ich absolut nicht“
Der Biologe und Naturfilmer Sebastian Koerner hat Wölfe schon aus wenigen Metern Entfernung gefilmt. Hobbyfotografen rät er dennoch davon ab.
taz: Herr Koerner, für den Film „Deutschlands wilde Wölfe, wie sie wirklich sind“ haben Sie Wölfe in der Lausitz gefilmt. Hatten Sie nie Angst?
Sebastian Koerner: Absolut nicht. Respekt hatte ich ein paar Mal. Vor großen Hunden habe ich mehr Angst, denn wilde Wölfe sind äußerst vorsichtige Tiere. Die oberste Prämisse eines erwachsenen Wolfes ist es, Ärger zu vermeiden.
Wann haben die Wölfe Ihnen Respekt eingeflößt?
Wenn es dunkel wird und ich nicht mehr filmen kann, steige ich vom Hochsitz oder komme aus dem Versteck. Manchmal bemerken mich die Wolfseltern und stimmen ein Warnbellen an. Das ist keine Aggression, es ist ein Signal an die Welpen: Passt auf! Aber der Wolf sagt auch mir etwas, nämlich: Eindringling, geh weg! Dann sehe ich zu, dass ich den Frieden wieder herstelle, indem ich zügig leise weggehe.
Und wenn Sie blieben? Würden die Tiere Sie dann angreifen?
Nein, dann hauen die ab. Gerade die Altwölfe sind extrem vorsichtig.
Wie findet man die Orte, an denen sich Wölfe aufhalten?
In der Lausitz gibt es viele sandige Stellen, wo man gut Spuren lesen kann. Im Sommer, wenn die Welpen klein sind, bleiben sie an einem übersichtlichen Rendezvous-Platz, wo sie sich mit den Eltern zur Futterübergabe treffen. Je größer sie werden, desto größer wird auch das Revier, in dem sie sich bewegen. Später leben die Tiere auf einem enorm großen Territorium. Im Winter kommen die Familien manchmal tagelang nicht an den Platz.
Im Sommer ist es also einfacher, Wölfe zu filmen?
Ja, weil die Welpen sich auf kleinem Gebiet bewegen. Wenn ihnen dann übrigens Menschen begegnen, kann es sein, dass selbst körperlich ausgewachsene Jungwölfe neugierig gucken und nicht sofort weglaufen. Und die mit Wölfen unerfahrenen Leute haben Angst, dass die Wölfe ihre Scheu verloren haben. Das ist aber nicht so: Die Welpen sind schlichtweg unerfahren und neugierig.
Könnten Sie die älteren Tiere nicht anlocken?
Das würde wahrscheinlich nicht funktionieren, weil die Altwölfe so skeptisch sind. Außerdem ist das Anfüttern von Wölfen verboten. Aber ich warte schon lange darauf, dass mir ein frischer Rotwildriss gemeldet wird, an dem noch viel Fleisch ist. Da könnte ich mich abends hinsetzen und auf die Wölfe warten.
Was kann ein Hobbyfotograf machen, um einen Wolf vor die Linse zu bekommen?
Das ist leider nicht sehr realistisch. Ich mache ja nichts anderes, weil es mein Beruf ist, ich investiere enorm viel Zeit. Dann entwickelt man einen Blick dafür, wo sich die Wölfe öfter aufhalten. Wer das nicht weiß, hat keine Chance. Und ich stimme meine Arbeit mit allen betreffenden Jägern ab.
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