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Regionalwahlen in FrankreichGespielte Erleichterung in Paris

Der Front National hat zwar in keiner Region gewonnen. Dennoch haben noch nie so viele Franzosen für die rechtsextremistische Partei gestimmt.

Es war ein Irrtum, zu glauben, dass Le Pen den FN „salonfähig“ machen wollte. Foto: reuters

PARIS taz | „Eine Wahl ohne Sieger“, titelte am Montag die Zeitung La Voix du Nord in Nordfrankreich, wo Marine Le Pen nun doch nicht Präsidentin dieser Region geworden ist. „Erleichtert ja, aber . . .“ war in Paris die Schlagzeile von Libération zu den Ergebnissen der Regionalwahlen. Denn die offizielle Erleichterung war gespielt. Le Figaro gab darum zu bedenken: „Der Front National (FN) ist nicht verschwunden. Seine Gegner müssen mehr denn je das Vertrauen, das ihnen erneut geschenkt wurde, rechtfertigen.“

In einem Punkt scheinen sich die Kommentare in den großen Medien einig zu sein: Der FN hat zwar nicht gesiegt, aber gewonnen ist für alle anderen Parteien der Kampf gegen die stetige Zunahme der rechtsextremen Wählerschaft längst nicht.

Im Gegenteil: Noch nie haben so viele Franzosen und Französinnen für den FN gestimmt. Im zweiten Durchgang der Regionalwahlen waren es fast 7 Millionen Wahlberechtigte. Die Tatsache, dass ihre Zahl beim zweiten Wahlgang noch zugenommen hat, beweist zudem, dass diese Bürger diese Partei wirklich an die Macht bringen wollten.

Lange versuchten sich die politische Linke und die bürgerliche Rechte einzureden, ein solches Wahlverhalten müsse ein Missverständnis seitens ihrer früheren Anhänger sein, die zwar aus Enttäuschung und Verärgerung zur extremen Rechten abwanderten, aber doch nicht deren radikales Programm unterstützen wollten.

Die Scharia wird unsere Verfassung ersetzen

Marine Le Pen, Chefin des FN

Spätestens seit den Wahlen der vergangenen zwei Jahre müssen sie sich eingestehen, dass die meisten FN-Wähler ihnen nicht bloß „Denkzettel“ verpassen, sondern mit dem FN frontal gegen das politische System mit seinen Konventionen stimmen.

Kein Anlass für Mäßigung

Als Marine Le Pen 2011 die Parteiführung übernahm, begann sie sich von groben rassistischen und antisemitischen Äußerungen ihres Vaters, Jean-Marie Le Pen, zu distanzierten. Viele glaubten, sie wolle die Partei „salonfähig“ machen, um so auch als Koalitionspartnerin akzeptabel zu werden.

Das war ein Irrtum. Der FN hat nur Zulauf in der vermeintlichen Rolle von David gegen Goliath: Einer gegen alle, alle gegen einen. Für viele Wähler bleibt der FN die einzige Partei, die noch nie in Regierungsverantwortung war und darum nicht mitschuldig am tristen Zustand der Nation sein kann.

Der FN hat in dieser Position kaum Anlass, sich weniger extrem zu geben. Im Kontext der Aktualität – die anhaltende Krise in Frankreich, die Ankunft von Flüchtlingen in Europa, die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus – haben Marine Le Pen und ihre Kandidaten ihre Kampagne zudem radikalisiert. Die FN-Chefin hat sich das Klima der Terrorangst und der Furcht vor weiteren Flüchtlingen zunutze gemacht und vor allem Ressentiments gegen den Islam instrumentalisiert.

Frankreich hat für sie nur noch die Wahl zwischen einer „Rettung“ durch den FN oder der „Unterordnung“ unter das Joch eines fundamentalistischen Islams: „Die Scharia wird unsere Verfassung ersetzen und der radikale Islam unsere Gesetze, die Burka wird für alle Frauen obligatorisch, unsere Denkmäler werden zerstört, die Musik verboten“, sagte sie bei einem Auftritt in Nîmes.

Das Dilemma der Republikaner

In den 80er Jahren hatten die Sozialisten den drohenden Vormarsch der extremen Rechten als Schreckgespenst eingesetzt, um in Stichwahlen mit drei Parteien die bürgerliche Rechte zu schlagen.

Diese Taktik, auf die Spaltung der Rechten durch den FN zu setzen, geht heute nicht mehr auf. Umgekehrt steht die Partei von Expräsident Nicolas Sarkozy immer noch vor einem Dilemma: Da eine offene Allianz mit dem FN unmöglich ist, bleibt entweder der frontale Kampf an der Seite der anderen (linken) FN-Gegner oder der Versuch, mit einem ideologischen Rechtsrutsch den Extremisten die Wähler abspenstig zu machen.

Sarkozy hat als Parteichef auf diese zweite Variante gesetzt. Angesichts des nur halb befriedigenden Resultats ist seine Führung als Oppositionschef nun intern mehr denn je umstritten.

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