Regierungsumbildung in Tunesien: Zugeständnis an die Opposition

Nach der Ermordung eines Oppositionspolitikers soll es in Tunesien Neuwahlen geben. Eine neue Regierung parteiloser Experten soll sie vorbereiten.

Empörte Opposition: Protestmarsch nach dem Mord. Bild: dpa

TUNIS ap | Tunesiens Regierungschef Hamadi Jebali hat nach der Ermordung des führenden Oppositionspolitikers Chokri Belaid die Umbildung der Regierung angekündigt. Hauptaufgabe einer neuen Regierung parteiloser Experten sei die Vorbereitung von Wahlen im Laufe dieses Jahres, sagte Jebali am Mittwoch. Es solle „so schnell wie möglich“ neu gewählt werden. Belaids Ermordung hatte massive Unruhen ausgelöst. Tausende Demonstranten machten die regierende Ennahda-Partei für den Mord verantwortlich. Regierungsvertreter wiesen dies zurück.

Jebalis Ankündigung ist ein klares Zugeständnis an die Opposition, die schon lange eine Umbildung der islamistisch geprägte Regierung gefordert hatte. Und sie kam nur Stunden nach der ersten Ermordung eines politische Führers im nachrevolutionären Tunesien.

Der tunesische Oppositionspolitiker Chokri Belaid wurde am Mittwoch beim Verlassen seines Hauses in der Hauptstadt Tunis erschossen. Belaid war Vorsitzender der Vereinten Demokratisch-Nationalistischen Partei und hat sich immer wieder kritisch über die gemäßigt-islamische Regierungspartei Ennahda geäußert sowie vor der Gewalt islamischer Extremisten gewarnt. Belaid war auch führendes Mitglied der Volksfront, einer Allianz linksgerichteter Parteien.

Mehrere tausend Anhänger des 48-jährigen Anwalts versammelten sich nach der Nachricht vor dem Innenministerium in Tunis und warfen der Regierung vor, sie habe den Mordanschlag zugelassen. Die Menge skandierte den gleichen Slogan wie vor der Vertreibung des langjährigen Machthabers Ben Ali im Januar 2011: „Das Volk will den Sturz des Regimes!“ Die Polizei setzte Tränengas ein. Daraufhin suchten die Demonstranten Schutz in Gebäuden der Umgebung. Auch in der Küstenstadt Sousse gingen Regierungsgegner auf die Straße.

Der tunesische Präsident Moncef Marzouki sagte bei einem Besuch des Europaparlaments in Straßburg, das Attentat werde den Weg des Landes zur Demokratie nicht stören. Er sagte eine Reise zum Gipfeltreffen der Organisation Islamischer Staaten (OIC) in Kairo ab und eilte nach Tunis zurück. Regierungssprecher Samir Dilou bezeichnete das Attentat als ein „abscheuliches Verbrechen“.

Der Vorsitzende der Regierungspartei Ennahda, Rachid Ghannouchi, sagte der Nachrichtenagentur AP, das Attentat sei von Kräften verübt worden, die ihre Interessen von der Revolution bedroht sähen. Er sprach der Familie Belaids sein Beileid aus und rief zu einem Tag der Trauer auf.

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