Regierungsumbildung in Russland: Putin feuert Verteidigungsminister
Tochterfirma des Ministeriums soll in Korruptionsskandal verwickelt sein. Nachfolger wird der frühere Minister für Katastrophenschutz Sergej Schoigu.
MOSKAU taz | Präsident Wladimir Putin hat am Dienstag Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow entlassen. Nach einem zehnminütigen Gespräch unter vier Augen verließ der seit fünf Jahren amtierende Minister mit finsterer Miene die Residenz des Kremlchef vor den Toren Moskaus. Zum Nachfolger ernannte Wladimir Putin den Exkatastrophenminister und jetzigen Gouverneur des Moskauer Verwaltungsgebietes, Sergej Schoigu.
Der 57jährige schien überrascht, als Putin ihm nach der Entlassung Serdjukows das Amt antrug. Schoigu ist einer der wenigen Spitzenpolitiker in Kremlnähe, dem neben fachlicher Kompetenz auch Anständigkeit nachgesagt wird. Wenn es unangenehme Aufgaben zu lösen gilt, greift Putin immer wieder auf den ehemaligen Notstandsminister als Feuerwehrmann zurück.
Serdjukow war bereits vor zwei Wochen wegen eines Korruptionsskandals in einem Tochterunternehmen des Verteidigungsministeriums in die Schlagzeilen geraten. Die Firma Oboronservice, die Liegenschaften des Ministeriums verwaltet, steht unter dem Verdacht, Betrug großen Stils begangen und mindestens 80 Millionen Euro veruntreut zu haben. Serdjukow wurde bislang jedoch weder angeklagt noch direkt mit der Unterschlagung in Verbindung gebracht. Putin hielt auch danach an dem Minister fest. Als dieser im Frühjahr zurücktreten wollte, ließ der Kremlchef ihn nicht gehen. Offensichtlich stürzte Serdjukow über eine Intrige innerhalb der Führungsriege, die Wladimir Putin vor vollendete Tatsachen stellte.
Das deutet daraufhin, dass Bürokraten dem Präsidenen die Entscheidung abnehmen. Denn Korruptionsvorwürfe oder außereheliche Liebschaften, wie sie Serdjukow auch unterstellt werden, sind in Russland kein Entlassungsgrund. Eher das Gegenteil.
Einschneidende Reformen in der Armee
Auch als Minister war der ehemalige Möbelhändler erfolgreicher als seine Vorgänger. Zum ersten Mal gelang es einem Verteidigungsminister, einschneidende Reformen in der Armee durchzuführen. Serdjukow leitete den Übergang zu einer späteren Berufsarmee ein, baute das Unteroffizierskorps um und sprach sich gegen das Konzept einer Massenmobilisierungsarmee aus. Das hätte langfristig nicht nur das Verhältnis von Staat und Bürger verändert, es hätte auch dem jahrhundertelangen Militarismus als Staatsdoktrin ein Ende bereitet.
Auch der Militärisch-industrielle Komplex (MIK) dürfte über den Abgang des zivilen Verteidigungsministers jubeln. Da der MIK nicht in der Lage war, modernere Waffentechniken zu liefern, bestellte Serdjukow Militärtechnik in Nato-Staaten.
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