Regierungskrise in Rumänien: Präsident Johannis tritt zurück
Nach dem Rückzug von Rumäniens Präsident Johannis hoffen Rechtsextreme auf eine Machtübernahme im Mai. Übergangspräsident ist der nationalliberale Bolojan.
Angesichts der politischen Krise, in der Rumänien steckt, ist jedoch unklar, wann eine mehrheitsfähige Koalition zustande kommt. Diese ist aber nötig für eine Wiederholung der Präsidentschaftswahl, die aufgrund von Vorwürfen des Wahlbetrugs annulliert worden war.
Auch Johannis erklärte am Montag seinen Rücktritt mit dem Hinweis, die politische Krise, in der sich Rumänien derzeit befindet, nicht weiter vertiefen zu wollen.
Allerdings versuchte der scheidende Präsident auf diese Weise auch, einem im Parlament eingeleiteten Amtsenthebungsverfahren zuvorzukommen. Ursprünglich sollte er bis zur Neuwahl eines neuen Präsidenten an der Spitze des Staates bleiben.
Annullierung verstärkte Polarisierung der Gesellschaft
Die Annullierung der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl durch das Verfassungsgericht im vergangenen Dezember verstärkte die Polarisierung der rumänischen Gesellschaft. Die ultranationalistischen Kräfte sehen im ökofaschistischen Präsidentschaftskandidaten Călin Georgescu ihren Heilsbringer.
In der ersten Runde im November vergangenen Jahres hatten er und die neoliberale Elena Lasconi die meisten Stimmen erhalten. Vieles deutete darauf hin, dass Georgescu in der Stichwahl, am 8. Dezember, gewinnen würde. Doch zu der kam es dann wegen der Annullierung nicht.
Das Verfassungsgericht hatte die Annullierung mit mutmaßlicher russischer Einflussnahme begründet. Doch in den Augen von Georgescu und seinen Anhängern konnte dies nicht plausibel belegt werden. Presseberichte enthüllten allerdings, dass die Nationalliberale Partei (PNL) an geheimen Wahlmanipulationen anderer Art beteiligt war, die Georgescu begünstigten.
Auf diese unlautere Weise sollte der Kandidat der rechtsextremen Partei Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR) geschwächt und dessen befürchtete Beteiligung an der zweiten Runde verhindert werden. Die Rechnung der PNL ging nicht auf. Statt den Rechtsextremisten der AUR, George Simion, zu schwächen, wurde der Rechtsextremist Georgescu gestärkt.
Proteste gegen Neuwahlen
Seither fordern der parteiunabhängige Georgescu und seine Anhänger eine Wiederholung der annullierten Stichwahl und protestieren gegen Neuwahlen, die nun am 4. und 18. Mai stattfinden sollen.
Die Vertreter der amtierenden Bukarester Koalitionsregierung begrüßten den Entschluss von Johannis. Ebenso jene der neoliberalen und rechtsradikalen Opposition.
Călin Georgescu erklärte in seinem esoterisch raunenden Stil im Propagandasender Realitatea, der Rücktritt sei als ein Sieg der „rumänischen Werte“ zu verbuchen. Er verlangte abermals, die annullierte zweite Runde der Präsidentschaftswahlen zu wiederholen.
Georgescu macht Biden verantwortlich
Das Verfassungsgericht forderte er auf, den Annullierungsbeschluss rückgängig zu machen und sich beim rumänischen Volk zu entschuldigen. Er wiederholte allerdings nicht mehr seine Drohung, nach seiner siegreichen Wahl zum Präsidenten, alle Verfassungsrichter in Handschellen abführen und als Vaterlandsverräter verurteilen zu lassen.
Unter Berufung auf sein Vorbild Donald Trump erklärt Georgescu in einem fort, die Würde des rumänischen Volkes wiederherstellen und den Einfluss ausländischer Konzerne auf das Wirtschaftsleben einschränken zu wollen. Am Montag hatte er zum Boykott fremdländischer Landwirtschaftsprodukte aufgerufen.
Die Trump-Administration, betonte Georgescu am Montagabend, werde auch in Rumänien dafür sorgen, die verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen und Klarheit bezüglich der annullierten Wahlen zu schaffen. Verantwortlich für die Annullierung, fügte er hinzu, seien Ex-Präsident Biden und dessen Außenminister Blinken gewesen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau