Regierungskrise im Libanon: Erste Zeichen der Entspannung
Vor einer Woche trat Ex-Ministerpräsident Saad Hariri zurück. Nun hält er sich die Option offen, auf seinen Posten zurückzukehren.
Der vor acht Tagen überraschend zurückgetretene libanesische Ministerpräsident Saad Hariri hat sich am Sonntagabend erstmals wieder öffentlich geäußert. Da die Umstände seines Aufenthaltes in Saudi-Arabien nach wie vor unklar sind, blieb zunächst offen, ob er sich vorher nicht äußern konnte oder nicht wollte.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, gaben Familienangehörige und Vertraute Hariris an, er wirke sehr wortkarg und zurückhaltend, wenn man ihn in der saudischen Hauptstadt Riad kontaktiere.
Mit seinem Fernsehinterview im Sender Future TV wollte Hariri möglicherweise die Spekulationen über seinen Rücktritt und seine Person beenden. Future TV ist ein libanesischer Sender, der Hariri gehört und das Sprachrohr seiner Partei ist.
In dem über eine Stunde dauernden Interview kämpfte Hariri mit den Tränen. Er sei zurückgetreten, um sein Land vor einer unmittelbaren Gefahr zu schützen, erklärte er, ohne Einzelheiten zu nennen. Der Rücktritt habe ein „positiver Schock“ für die Libanesen sein sollen. Er sei eine Warnung vor einer iranischen Einflussnahme, die die Beziehungen zu anderen arabischen Ländern zerstöre.
Anspielung auf Saudi-Arabien?
Das ist vermutlich eine Anspielung auf Saudi-Arabien, ein Land, zu dem die Familie Hariri sehr gute Beziehungen unterhält. Der Grundstock des Reichtums der Hariris wurde dort gelegt; sie besitzen in dem Golfstaat Immobilien und Grundstücke. Auch die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und dem Libanon waren gut, was sich unter anderem in saudischen Investitionen und saudischen Urlaubern an der libanesischen Mittelmeerküste niederschlug.
Als Hariri am 4. November während eines Aufenthaltes in dem Golfstaat zurücktrat, begründete er dies mit dem Iran, der sich in die Angelegenheiten anderer Staaten der Region – darunter der Libanon – einmische.
Ehemaliger Premier Hariri
In seinem Fernsehinterview am Sonntagabend ließ Hariri jedoch auch die Möglichkeit offen, auf seinen Posten als Regierungschef zurückzukehren. Als Bedingung formulierte er, die schiitische libanesische Hisbollah-Miliz müsse künftig in regionalen Konflikten neutral bleiben. Hisbollah ist stärker als die libanesische Armee und hat Zehntausende von Kämpfern in das benachbarte Syrien geschickt, um dort die Truppen von Präsident Baschar al-Assad zu unterstützen.
Als Hariri im Dezember 2016 nach einem Machtvakuum von 29 Monaten seine Einheitsregierung bildete, waren alle politischen Strömungen im Kabinett vertreten, darunter auch Hisbollah. „Wir befinden uns im Auge eines Sturmes“, sagte Hariri am Sonntag. Die Regierung, die er vor einem Jahr gebildet habe, hätte sich an die Vereinbarung halten sollen, sich nicht in regionale Angelegenheiten einzumischen. Die Hisbollah habe aber ihren Teil der Vereinbarung nicht eingehalten.
Zu seiner persönlichen Situation sagte Hariri: „Ich bin frei.“ Er kündigte an, er werde innerhalb von Tagen aus Saudi-Arabien ausreisen und sein Rücktrittsgesuch einreichen. Präsident Michel Aoun hatte das Gesuch zunächst abgelehnt und gesagt, Hariri müsse in den Libanon zurückkehren und erklären, was geschehen sei. Am Montag begrüßte Aoun die angekündigte Rückkehr. (mit ap/rtr)
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