Regierungsgebäude als Energieschleudern: Klimaziele verpuffen in Ministerien
Die meisten Ministerien von Bund und Ländern haben laut der Deutschen Umwelthilfe eine miserable Energieeffizienz. Es mangelt an Dämmung.
Wie bereits 2019 hat die DUH die Energiebilanz der Dienstsitze von Ministerien untersucht. Während damals immerhin noch 4 von 15 Dienstsitzen von Bundesministerien den Anforderungen des DUH entsprachen, sieht es dieses Jahr sogar noch schlechter aus. Dies zeigt die Analyse, die der taz vorab vorlag. Grundlage der Einstufungen ist die Energieffizienzstrategie Gebäude (ESG), die 2014 von der Bundesregierung selbst vorgestellt wurde. Die ESG legt den Primärenergiebedarf in Kilowattstunde pro Quadratmeter fest, der notwendig ist, um die Klimaziele bis 2050 zu erreichen.
„Unser Klima-Check offenbart, dass sich die Bundesregierung und die Landesregierungen weitgehend im Blindflug befinden, wenn es um die energetische Qualität ihrer Liegenschaften geht“, sagte die stellvertretende DUH-Geschäftsführerin Barbara Metz. Sie forderte, dass „bis spätestens Mitte 2021 Sanierungsfahrpläne mit einem konkreten Zeitplan vorgelegt werden“.
Ausgerechnet das Kanzlerinnenamt belegt nun den letzten Platz. Bereits 2016 hatte der Spiegel das 2001 erbaute Gebäude als „Sanierungsfall“ bezeichnet, weil es über eine Ölheizung verfügt. Auch das Bundesinnenministerium liegt deutlich über den optimalen Grenzwerten, obwohl das Gebäude kaum sechs Jahre alt ist. In den Bundesländern sieht es nicht besser aus: Keiner der Dienstsitze der grün-schwarzen Landesregierung in Stuttgart erfüllt die Anforderungen der DUH an eine klimaverträgliche Energiebilanz.
Dringender Sanierungsbedarf
Neben dem Umwelt- hat auch das Kultusressort eine unzeitgemäße Klimabilanz: In dem 1927 erbauten Haus sind trotz Sanierung vor vier Jahren die Fenster undicht. Neun von elf Dienstsitzen bezeichnet die DUH als „dringende Sanierungsfälle“. Zudem wird in keinem der Ministerien erneuerbare Energie erzeugt, obwohl dies im Koalitionsvertrag steht.
Auf Nachfrage hieß es, dass die Energiekonzepte von den Eigentümern der teilweise angemieteten Gebäude abhingen, die Ministerien aber Ökostrom aus Wasserkraft beziehen. Auch sei das im Baden-Württembergischen Klimaschutzkonzept enthaltene Ziel einer Senkung der CO2-Emissionen in landeseigenen Liegenschaften vorzeitig erreicht worden. Im Saarland erfüllte kein Dienstsitz die DUH-Kriterien. Trotz aller Mängel heben die Koalitionsverträge in beiden Ländern beim Klimaschutz die Vorbildfunktion der landeseigenen Gebäude hervor.
Der Gebäudesektor macht beinahe 30 Prozent der deutschen CO2-Emissionen aus. Zum Vergleich: Der Straßenverkehr kommt auf gut 20 Prozent. Laut DUH wären 25 Milliarden Euro jährlich für die Gebäudesanierung notwendig, um die Klimaziele zu erreichen. Im aktuellen Bundesetat sind nur 6 Milliarden dafür vorgesehen.
Da kein öffentliches Register zur Energieeffizienz der Gebäude in öffentlicher Hand existiert, ist eine seriöse Beurteilung der Klimaverträglichkeit kaum möglich. Die DUH hat deshalb alle Bürger*innen dazu aufgerufen, bundesweit über fragdenstaat.de den Energiebedarf öffentlicher Gebäude wie Schwimmbäder, Schulen oder Rathäuser abzufragen.
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