Regierungsbildung in Litauen: Sozialdemokraten schließen Koalition mit Populisten
Der umstrittene Chef der populistischen Partei „Morgenröte der Memel“ ist wegen mutmaßilch antisemitischer Äußerungen angeklagt.
Die bislang oppositionellen Sozialdemokraten hatten in den beiden Runden der Parlamentswahl insgesamt 52 Sitze errungen, die Populisten kamen auf 20 Sitze.
Gegen den Parteichef der Populisten, Remigijus Zemaitaitis, läuft wegen mutmaßlich antisemitischer Kommentare ein Gerichtsverfahren. Er hatte das israelische Vorgehen im Westjordanland kritisiert und einen Reim zitiert, in dem es um die Tötung von Juden geht. Die Einbindung seiner Partei in die Regierungskoalition hatte daher für Kritik gesorgt.
Im Onlinedienst Facebook wies Zemaitaitis am Samstag die Vorwürfe zurück: „Ich habe nur Israels Handlungen in Palästina kritisiert – Handlungen, die im Übrigen von vielen politischen Führern weltweit kritisiert werden“, erklärte er.
Sozialdemokraten beschwichtigen
Nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags versuchten die Bündnispartner am Montag, die Gemüter zu beruhigen. Der Vertrag enthalte eine Verpflichtung zur „Bekämpfung von Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und allen Formen der Aufstachelung zum Hass“, erklärten sie.
Der designierte sozialdemokratische Regierungschef Gintautas Paluckas versicherte: „In der Regierung gibt es keinen Antisemitismus, und wird es auch keinen geben.“ Paluckas erklärte zudem, dass Zemaitaitis in der neuen Regierung kein Ministeramt bekleiden werde. Die Sozialdemokraten übernehmen demnach das Außen- und das Verteidigungsressort.
Der bevorstehende Regierungswechsel wird für den Staat im Baltikum vor allem innenpolitische Veränderungen mit sich bringen. Außenpolitisch besteht in der litauischen Politik breiter Konsens darüber, dass die Ukraine in ihrem Abwehrkrieg gegen Russland weiterhin entschlossen unterstützt wird und der Verteidigungshaushalt des Landes in seinem Volumen beibehalten oder sogar erhöht werden muss.
Litauen grenzt im Westen an Russlands Ostsee-Exklave Kaliningrad und im Osten an Belarus. Im Wahlkampf spielte daher neben den hohen Lebenshaltungskosten vor allem das Thema Sicherheit eine wichtige Rolle. Das baltische Land mit seinen 2,8 Millionen Einwohnern fürchtet, ein weiteres Ziel Russlands zu werden, sollte Moskau mit seinem Krieg in der Ukraine Erfolg haben.
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