Regierungsbildung in Italien: Comeback für Conte
Die Fünf-Sterne-Bewegung und die rechte Lega wollen nun doch eine Regierung bilden. Designierter Premier ist zum zweiten Mal Giuseppe Conte. Doch es gibt Kritik.
Ihr erster Versuch einer Regierungsbildung war Anfang der Woche am Veto von Staatsoberhaupt Mattarella gescheitert. Dieser sah in der geplanten Ernennung des Euroskeptikers Paolo Savona eine Gefahr für die Finanzmärkte und die italienische Wirtschaft. In einer Regierung von Fünf Sterne und Lega soll Savona nun Minister für europäische Angelegenheiten werden.
Das Wirtschafts- und Finanzressort soll Giovanni Tria übernehmen, ein als gemäßigt geltender Ökonom an der Universität La Sapienza in Rom. Neuer Chefdiplomat wird dem Vernehmen nach Enzo Moavero Milanesi, ein früherer EU-Funktionär in Brüssel, der in der Technokratenregierung unter Mario Monti Minister für europäische Angelegenheiten war.
Fünf-Sterne-Führer Di Maio, der als Architekt des von seiner Bewegung propagierten Grundeinkommens für arme Italiener gilt, soll an die Spitze des Ministeriums für Soziales und Arbeit rücken. Salvini soll Ressortchef für Inneres werden.
Salvini will Abschiebungen zur Priorität machen
In einer Ansprache vor Anhängern in seiner Heimatregion Lombardei kündigte Salvini an, die Abschiebung von Migranten zu einer Priorität zu machen. „Mein Engagement gilt der Sicherheit von 60 Millionen Italienern“, sagte er weiter. Di Maio bedankte sich per Facebook-Post bei seinen Unterstützern. „Die Regierung des Wandels wird Realität“, schrieb er.
Im März hatte es in Italien eine Parlamentswahl ohne klares Ergebnis gegeben, bei der die Fünf-Sterne-Bewegung stärkste Kraft wurde. Es folgten Monate der politischen Blockade, die in der ungewöhnlichen Allianz zwischen der Fünf Sterne und Lega mündeten. Nach seinem Nein zum ursprünglich geplanten Kabinett hatte Mattarella den früheren IWF-Ökonom Carlo Cottarelli als Übergangsregierungschef vorgesehen, bis es Neuwahlen geben sollte. Doch bei Investoren ging die Sorge um, dass eine neuerliche Abstimmung zu einem Referendum über den Euro geraten könnte. In der Folge gaben die italienischen Aktienmärkte drastisch nach.
Nachdem die Chefs von Fünf Sterne und Lega Kompromissbereitschaft signalisierten, trat Cottarelli beiseite. Mattarella zitierte Conte nach Rom zurück. Für den politisch als unerfahren geltenden Conte war es ein unerwartetes Comeback, nachdem er erst vor wenigen Tagen den Regierungsauftrag zurückgegeben und wieder seinen Posten als Juraprofessor in Florenz aufgenommen hatte. Im Quirinalspalast verlas er seine Kabinettsliste und erklärte, die künftige Regierung wolle entschlossen daran arbeiten, die Lebensqualität aller Italiener zu verbessern.
Kritiker warnen indes, dass Conte als Erfüllungsgehilfe von Di Maio und Salvini fungieren könnte, die für ein Regierungsbündnis ihre eigenen Ambitionen auf den Ministerpräsidentenposten begraben haben. Der Wirtschaftsexperte Lorenzo Codogno befürchtet einen „Grabenkrieg“ zwischen der Regierung und Mattarella“ über Fragen rund um Europa und die Finanzpolitik.
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