Regierungsbildung im Irak: Koalition mit Konfliktlinie
Nach langem Machtkampf steht die neue Regierung. Der säkulare Ministerpräsident al-Maliki bleibt im Amt, auch sein Rivale bekommt einen Posten: Ein Sieg für Nachbar Iran.
Acht Monate nach den Parlamentswahlen und nach einer siebenstündigen Sitzung bis tief in die Nacht zum Donnerstag war es endlich so weit. Die irakischen Politiker haben sich auf die Grundzüge einer neuen Regierung geeinigt. Der bisherige Ministerpräsident Nuri al-Maliki, der Führer des Blocks schiitischer religiöser Parteien, wird sein Amt für weitere vier Jahre behalten.
Damit hat der säkulare Al-Irakia-Block, der auch von der Mehrheit der Sunniten unterstützt wird, in der Frage, wer Regierungschef wird, nachgegeben. Hochrangige Vertreter des des Al-Irakia-Blocks haben diese Übereinkunft bestätigt. Die Einzelheiten waren jedoch am Donnerstagnachmittag zunächst noch nicht bekannt.
Auch der schiitische Block al-Malikis scheint einige Zugeständnisse gemacht zu haben. So soll der Parlamentssprecher vom Al-Irakia-Block gestellt werden. Der Sunnit Ussama al-Nudschaifi war für diesen Posten vorgesehen. Außerdem soll eine Art Sicherheitsrat eingerichtet werden, der künftig für die Überwachung der irakischen Sicherheitsapparate zuständig sein soll. Diese Funktion hatte bislang der Regierungschef inne.
Die Beschränkung seiner Macht war eine der wichtigsten Forderungen des Al-Irakia-Blocks und die Voraussetzung dafür, dass das Bündnis einer weiteren Amtszeit al-Malikis zustimmt. Voraussichtlich wird der Führer des Al-Irakia-Blocks, Ajad Allawi, den neuen Rat leiten. Damit ist bereits eine Konfliktlinie innerhalb der Regierung vorgezeichnet. Der Kurdenführer Dschalal Talabani soll weiterhin Präsident des Landes bleiben.
Die neue Regierung will auch das Entbathifizierungsgesetz in zwei Jahren auslaufen lassen. Danach dürfen ehemalige Mitglieder von Saddam Husseins Regierungsparteien keine Posten im Staatsapparat haben. Auch dies war eine der Forderungen der Sunniten, die unter Saddam Hussein im Irak das Sagen hatten.
"Natürlich hat keine Seite alles bekommen, was sie wollte. Das ist ein Kompromiss, bei dem alle Zugeständnisse gemacht haben", sagte der kurdische Regionalpräsident Massud Barsani, der die Verhandlungen in Erbil geleitet hatte.
Am Donnerstag verzögerte sich die geplante Sitzung des Parlaments, weil die Beratungen der einzelnen Fraktionen länger andauerten als ursprünglich vorgesehen. Die Abgeordneten sollten zunächst die Führung des Hauses und dann den Präsidenten wählen. Dieser muss dann einen Ministerpräsidenten benennen, der für die Regierungsbildung 30 Tage Zeit hat.
Obwohl der Al-Irakia-Block bei den Wahlen am 7. März eine knappe Mehrheit von zwei Sitzen erhalten hatte, war es Allawi im Gegensatz zu al-Malikis schiitischem Block nicht gelungen, Bündnispartner für die Bildung einer Regierung zu finden. Damit hatte er bei den Verhandlungen von Anfang an schlechte Karten. Vergangene Woche hatte Allawi erstmals die Möglichkeit angedeutet, aus den Verhandlungen auszusteigen und Oppositionsführer zu werden.
Die ersten Reaktionen aus den USA waren vorsichtig positiv. "Das Abkommen, das offenbar getroffen wurde, um eine Regierung auf breiter Basis zu bilden, ist für den Irak ein großer Schritt nach vorn", sagte Tony Blinken, der Sicherheitsberater von Vizepräsident Joe Biden. "Alles, was wir wollten, war eine Regierung, die das Wahlergebnis reflektiert, in der alle großen Volks- und Religionsgruppen vertreten sind und die niemand Wichtigen ausschließt", fügte er hinzu.
In den vergangenen Monaten hatte sich die US-Regierung dafür eingesetzt, al-Irakia an einer neuen Regierung zu beteiligen. Auch der Vorschlag, einen Sicherheitsrat ins Leben zu rufen und Allawi den Vorsitz zu geben, stammt aus den USA.
Dennoch dürfte die US-Regierung trotz ihrer Erleichterung, dass das politische Vakuum im Irak nun dem Ende zugeht, nicht rundum mit der neuen Vereinbarung zufrieden sein. Eine Koalition zwischen al-Maliki und Allawi ist wegen nicht zu überbrückender Differenzen nicht zustande gekommen. Und mit einer weiteren Amtszeit al-Malikis, gestützt von seinem religiösen Schiitenbündnis, hat sich im Irak vor allem einer durchgesetzt: der Nachbar aus dem Iran.
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