Regierung stellt Klimaprogramm vor: CO2 sparen à la Dänemark
Auch Dänemark arbeitet daran, seinen CO2-Ausstoß zu senken. Kritiker:innen monieren, dass die Regierung dafür teilweise arg kreativ wird.
Um Nägel mit Köpfen zu machen, wurden die jeweiligen Regierungen verpflichtet, jährlich eine „Fortschrittsbilanz“ vorzulegen und darin Rechenschaft abzulegen, was sie schon getan haben und weiterhin zu tun gedenken, um dieses Ziel zu erreichen.
Die amtierende sozialdemokratische Minderheitsregierung wollte ihre Bilanz bis zum Ende des 1. Halbjahres 2020 vorlegen und ein wenig verspätet präsentierte sie ihr „Klimaprogram 2020“ in dieser Woche. Fazit: Es bleibt noch viel zu tun. Ausgehend vom Basisjahr 1990 hatte Dänemark bis 2018, dem letzten Jahr, für das die Zahlen schon vorliegen, eine Reduktion von 29 Prozent geschafft. Hinter dieser Reduktion steht vor allem eine Umstellung der Energieproduktion weg von fossilen und hin zu nachhaltigen Quellen: Der CO2-Ausstoß in diesem Sektor fiel um 65 Prozent.
Mit dem, was schon an Plänen und Gesetzesvorlagen in den Bereichen Wohnen, Industrie und Energie angestoßen worden sei, sei man zwar auf dem richtigen Weg, meint die Regierung: Allerdings gebe es noch einen Klimagasausstoß von rund 16 Millionen Tonnen CO2, der ebenfalls verschwinden müsse. Vor allem die Sektoren Landwirtschaft und Straßenverkehr seien da noch größere Baustellen. Im Transportsektor müsse man zusätzlich rund eine Million Tonnen CO2 einsparen.
Tanken in Deutschland als Teil des Plans
KritikerInnen warfen der Regierung gleich reichlich geschönte und überoptimistische Zahlen vor. Und als der TV-Sender TV2 nachhakte und die Zahlen zum Straßenverkehr etwas genauer erklärt haben wollte, stellte sich heraus, dass ein Teil der CO2-Rechnung mit Hilfe des deutschen Nachbarlandes aufgehen soll. Man rechne damit, dass kräftig erhöhte dänische Kraftstoffsteuern dazu führen würden, dass die DänInnen zum Tanken ihrer Benzin- und Dieselfahrzeuge verstärkt auf deutsche Zapfsäulen ausweichen würden, ließ das Finanzministerium wissen. Ganze 16 Prozent der noch offenen CO2-Reduktion im Straßenverkehr wolle man so erreichen.
„Und wie helfen wir bitte dem Klima, wenn wir südlich der Grenze tanken“, fragt Tommy Ahlers, klimapolitischer Sprecher der liberalen „Venstre“? Sein Kollege Ruben Kidde von den linksliberalen „Radikalen“ empört sich über diese „kreative Buchführung“ und erinnert Klimaminister Dan Jørgensen an sein Versprechen, dass „es natürlich gar nichts bringt den Klimagasausstoß ins Ausland zu verlegen“. Man müsse „zutiefst besorgt“ sein darüber, wie ernst eine Regierung das Klimathema eigentlich nehme, wenn sie mit solcherlei Tricks arbeiten wolle, meint Mai Villadsen, Klimasprecherin der linken „Einheitsliste“.
Die Regierung habe offenbar alles mögliche zusammengekehrt, nur um eine Reduktionszahl formal abhaken zu können, kritisiert auch Brian Vad Mathiesen, Professor für Energieplanung an der Universität Aalborg: „Wir brauchen doch nicht so etwas, sondern politische Initiativen, um zu wirklichen Einsparungen zu kommen.“ Und wie tragfähig seien eigentlich derartige Rechenkunststücke, wenn Deutschland seine Spritsteuer auch und noch kräftiger erhöhen werde und deutsche Autofahrer deshalb verstärkt in Dänemark tanken würden, statt umgekehrt?
Dänemarks Klimagesetz schreibt vor, dass das Parlament über die jährliche Klimabilanz der Regierung abstimmen muss. Angesichts recht vielstimmiger Kritik an ihrem „Klimaprogramm 2020“, die sich nicht nur an der Aufforderung „Dänen, tankt in Deutschland!“ festmacht, dürfte es der Regierung von Mette Frederiksen so einfach nicht gemacht und sie vom Folketing vermutlich zum Nachsitzen verdonnert werden.
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