Reformen in katholischer Kirche: Vatikan verschärft Kirchenrecht
Papst Franziskus reformiert das vatikanische Strafrecht und schafft klarere Regeln – etwa beim Thema sexualisierter Gewalt und kirchlichem Vermögen.
Kirchliche Richter*innen sollen demnach nicht nur Übergriffe auf Minderjährige, sondern auch auf Erwachsene bestrafen können. Nicht mehr nur Vergehen von Priestern, sondern von allen kirchlichen Vertreter*innen und grundsätzlich allen Gläubigen sollen zukünftig auch kirchlich, das heißt mit Geldstrafen, dem Entzug von Gehaltsansprüchen oder Exkommunikation bestraft werden. Anders als von Opferverbänden erhofft, verzichtet der Vatikan aber auf eine Ausdifferenzierung der Straftaten, sondern spricht allgemein von Vergehen gegen das sechste der Zehn Gebote: den Ehebruch.
Verstöße gegen die bestehende Anzeige- und Meldepflicht von Vergehen werden in Zukunft allerdings als eigene Straftat gewertet. Somit beschneidet die Gesetzesänderung Bischöfe und andere Führungspersönlichkeiten weitgehend in ihrem eigenen Ermessensspielraum, infolge dessen Vergehen in der Vergangenheit immer wieder vertuscht wurden. Erst am vergangenen Freitag hatte der Papst zwei „apostolische Visitatoren“ nach Köln geschickt, um den Umgang des dortigen Erzbischofs Rainer Woelki mit Fällen sexualisierter Gewalt in seinem Bistum zu überprüfen.
Bei der Reform des Kirchenrechts hat der Vatikan zudem finanzielle Vergehen wie Korruption genauer definiert und eine stärkere Ahndung verankert. Ein fahrlässiger Umgang mit kirchlichem Vermögen, wie er in Deutschland in den Bistümern Limburg und Eichstätt öffentlich wurde, ist in Zukunft mit Strafen und einer Wiedergutmachung verbunden. Neu ist aber auch, dass das Rechtsprinzip der Unschuldsvermutung einen Platz im Kirchenrecht findet.
Das reformierte Kirchenrecht könnte Reformer*innen aber auch aufstoßen: So wurden zum Beispiel die Weihe von Frauen zu Priesterinnen – eine zentrale Forderung der katholischen Reformbewegung Maria 2.0 – sowie die Spendung von Sakramenten an Menschen, denen der Empfang kirchlich verboten ist, als Straftat in den CIC übernommen. Dies betrifft etwa geschiedene, wiederverheiratete Katholik*innen oder solche, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung leben. Dass Rom homosexuelle Beziehungen nicht kirchlich anerkennen will, führte kürzlich zu einer deutschlandweiten Protestaktion unter dem Titel #liebegewinnt, an der sich über 100 katholische Gemeinden beteiligten.
Die Bearbeitung von gut zwei Dritteln des CIC stellt die erste größere Reform des Gesetzbuches seit 1983 dar und dauerte zwölf Jahre. Am 8. Dezember 2021 soll das neue Recht in Kraft treten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance