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Reformen in der BischofssynodeErste Nonne mit Stimmrecht

Als erste Frau erhält Nathalie Becquart ein Mitspracherecht bei den Kirchenvätern. Papst Franziskus ernannte sie zur Untersekretärin.

Falsch liegt, wer sich Becquart als eine weltfremde Ordensfrau in trister Nonnentracht vorstellt Foto: Franck Crusiaux/REA/laif

Paris taz | Als erste Frau erhält die Französin Nathalie Becquart im Vatikan ein Mitsprache- und Stimmrecht in der Bischofssynode. Sie ist am Samstag von Papst Franziskus zur Untersekretärin dieses Bischofskollegiums ernannt worden. Er unterstreiche damit seinen ausdrücklichen Wunsch, „die Teilnahme der Frauen bei der Ausarbeitung von Entscheidungen in den Angelegenheiten der Kirche zu fördern“, hat der Generalsekretär der Bischofssynode, Kardinal Mario Grech, zu dieser aufsehenerregenden Nominierung gegenüber Medien erklärt.

Dass eine Nonne – „Schwester“ Nathalie Becquart ist Mitglied der 1921 in Marseille von Jesuiten gegründeten Kongregation der Xavières – bei den Bischöfen aus aller Welt mitreden darf, ist für den französischen Kirchenhistoriker Odon Vallet „ein nicht zu unterschätzender Schritt“, dem weitere folgen könnten.


Dass seine Wahl auf die 1969 in Fontainebleau geborene Französin fiel, wird jedoch nicht als Überraschung gewertet. Franziskus hatte sie im Mai 2019 bereits zusammen mit zwei anderen Nonnen und einer (weltlichen) Theologieprofessorin zur Beraterin der Synode gemacht, um so weiblichen Stimmen im Gremium rein männlicher Kleriker etwas Gewicht zu geben.

Sportlich und fast überdiplomiert

Nathalie Becquart ist dafür nicht nur qualifiziert, sondern fast überdiplomiert: Sie hatte zuerst in Paris die Elitehandelshochschule HEC abgeschlossen und im Bereich Kommunikation und Marketing gearbeitet, bevor sie sich zu einer religiösen Laufbahn berufen fühlte und 1995 dem Institut La Xavière beitrat. Anschließend studierte sie Theologie und Philosophie an der Jesuitenhochschule in Sèvres, Soziologie an der renommierten Hochschule für Sozialwissenschaften EHESS und bildete sich an der Boston College School of Theology and Ministry weiter.

Wer sich unter ihr etwa eine weltfremde Ordensfrau in trister Nonnentracht vorstellt, liegt falsch. Von den aus Anlass ihrer Nominierung publizierten Fotos lacht uns eine sportlich wirkende Frau mit modischer Brille und Frisur in einem kurzärmeligen T-Shirt entgegen. Da erstaunt es auch nicht sonderlich, wenn man in ihrer Biografie liest, dass sie ihre ersten Jahre als „Xavière“ den Aktivitäten mit Jugendlichen gewidmet hatte. Für diese organisierte sie als Skipperin spirituelle Segeltouren. 2006 war sie Seelsorgerin für die Studierenden im Pariser Vorort Créteil, wurde daraufhin Beauftragte der französischen Bischofskonferenz für die Hochschuljugend und dann Verantwortliche für die Evangelisierung und die Förderung der Berufung zur kirchlichen Laufbahn.

Zu dieser „Herausforderung der Evangelisierung der Jugend“ hat sie 2013 ein Buch geschrieben. Und dies mit einem weiteren Werk zu ihrem persönlichen Exempel mit dem Titel „Nonne, warum? Dieses Leben ist lebenswert!“ als Werbung für die Kirchenlaufbahn ergänzt. Nathalie Becquart verkörpert also mit ihrer Ernennung den doppelten Wunsch des heutigen Papstes, den Frauen und der Jugend mehr Einfluss zu gewähren und so das Image des Vatikans als Altmännerverein etwas aufzufrischen.

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6 Kommentare

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  • Die Lady wurde Untersekretärin.



    Zu mehr hat's nicht gereicht bei den Titelvergebern ?

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    "Papst Franziskus ernannte sie zur Untersekretärin." Sehr gnädig!

    Was soll man mit seinem Leben anfangen? Jeder hat so seine Vorstellung. Ein Dienst im Rahmen einer Religion ist für mich ein vergeudetes Leben, weil ich das nicht glaube - egal ob Gott, Allah, Vishnu, etc., fÜR MICH käme das nie in Frage!

    Wichtig scheint mir, dass man die freie Entscheidung hat und das ist bei Kindern leider nicht der Fall.



    Schönes Negativbeispiel für die Indoktrination und ihre Folgen findet man bei den Iren.



    Buch-Empfehlung: Die Asche meiner Mutter von Frank McCourt.

  • Tja, was soll ich dazu sagen? Kirchliche Laufbahn ....



    Beiu einer Ordensberufung geht es darum, dass man sein persönliches Leben in möglichst unmittelbarer Gemeinschaft mit Jesus Christus leben möchte, ohne z.B. durch die berechtigten Ansprüche einer Familie, die Bindung an Besitz oder eigene Karrierewünsche davon abgehalten zu werden.

    Auch wenn das immer nur bruchstückhaft gelingt, ist das doch die zu Grunde liegende Motivation. Wenn man das nicht versteht, oder wenigstens irgendwie in seine Bewertung mit einbezieht, wird man niemals verstehen, warum eine None oder ein Priester so leben wie sie leben.

    In etwas anderer Ausrichtung gilt das auch für bewusst lebende katholische Laien. Die bindung an die Kirche ist die Bindung an Jesus Christus, der für Katholiken in und durch die Kirche erfahrbar wird. Daher gibt es auch in deutschland Millionen von Katholiken, für die ein "Austritt" überhaupt nicht in Frage käme. (Was man allerdings durchaus unterscheiden muss von dem Entschuss, keine Kirchensteuer mehr zu bezahlen).

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Breitmaulfrosch:

      Eine Kirche, deren Führungsschicht offiziel nur aus Asexuellen besteht, kann nicht gesund sein.

    • @Breitmaulfrosch:

      Die Crux liegt in Ihrem letzten Satz. Wenn man in und durch diese Kirche Jesus Christus erfahren kann, dann sollte man auch fröhlich die Steuern bezahlen, die diese Kirche erhebt. Denn dann ist es im Prinzip Jesus Christus selber, der diese Steuern erhebt.



      Diese Kirche für heilig halten und dann trotzdem ständig etwas an ihr auszusetzen haben, das passt nicht zusammen, das ist inkonsequent.



      Und "sein persönliches Leben in möglichst unmittelbarer Gemeinschaft mit Jesus Christus leben", das tu ich als einfacher Christ jeden Tag.

      • @Christ:

        Ganz so stimmt das nicht. Kirchenrechtlich handelt es sich bei der Kirchensteuer um eine Spende. Grundsätzlich kann die Zughörigkeit zur Kirche nicht an die Bereitschaft gebunden werden, einen bestimmten Geldbetrag zu geben, dessen Verwendung man nicht kontrollieren kann. Das sieht Rom übrigens ganz genauso. Der Kirchenaustritt aus finanziellen Gründen darf nicht zur Exkommuniaktion führen, sondern nur ein Kirchenaustritt aus inhaltlichen Gründen.

        Das Leitungsamt der Bischöfe (das ich in theologischer Hinsicht anerkenne) bezieht sich nicht auf finanzielle Fragen. Als es in der größer werdenden Jerusalemer Urgemeinde zu Verteilungsstreitigkeiten kam (die Urgemeinde hatte Gütergemeinschaft), haben die Apostel die Verantwortung dafür abgelehnt und es wurde das Amt des Diakons geschaffen.

        Es ist nicht Jesus Christus, der die Steuern erhebt, denn er hatte die Apostel zur vollständigen Armut aufgefordert. ("Nehmt nichts mit auf den Weg ...", "Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben") Solange sich die Kirche in Deutschland nicht daran hält, wird es mit der Neuevangelisierung nichts werden. Um das zu sehen, braucht man kein Prophet zu sein.