Reform des Unterhaltsrechts: Entlastung für Väter?

Vorstoß von Justizminister Buschmann (FDP): Unterhaltspflichtige Eltern, die nach einer Trennung ihre Kinder betreuen, sollen weniger zahlen müssen.

kind mit erdbeere

Wer kümmert sich? War zahlt? Und wen kümmert es, wenn wer zahlt? Foto: Michael Kappeler/dpa

Freiburg taz | „Mitbetreuende Elternteile“, die sich nach der Trennung der Eltern „erheblich engagieren“, sollen künftig weniger Unterhalt überweisen müssen. Dies plant Justizminister Marco Buschmann (FDP). Die Reform dürfte vor allem Vätern zugute kommen.

Bisher geht das deutsche Unterhaltsrecht vom Residenzmodell aus. Danach lebt das Kind nach der Trennung bei einem Elternteil, meist bei der Mutter, die damit ihre Unterhaltspflicht erfüllt. Der andere Elternteil, meist der Vater, muss dann Bar­unterhalt bezahlen.

An der Pflicht, vollen Barunterhalt zahlen zu müssen, ändert sich bisher auch nichts, wenn Väter sich teilweise an der Betreuung der Kinder beteiligen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) schon mehrfach entschieden. So ging es 2014 um einen Vater, bei dem das Kind an 6 von 14 Tagen lebte und der deshalb keinen Barunterhalt mehr zahlen wollte. Doch auch dieser Betreuungsanteil von 43 Prozent reichte nicht aus; der Vater musste weiter vollen Unterhalt bezahlen. Sein Betreuungsanteil wurde auch nicht anteilig angerechnet. Entscheidend sei, dass die Mutter weiter die „Hauptverantwortung“ trage. Man spricht in solchen Fällen von unechten oder asymmetrischen Wechselmodellen.

Nur beim echten Wechselmodell, wenn Vater und Mutter „etwa die Hälfte der Erziehungs- und Versorgungsleistungen“ wahrnehmen, hat dies Auswirkungen auf den Unterhalt. Der Vater wird dann von der Barunterhaltspflicht frei – wenn beide Elternteile ungefähr gleich viel verdienen. Sollte ein Elternteil jedoch deutlich mehr verdienen als das andere, ergibt sich daraus doch eine Pflicht zur Zahlung von Kindesunterhalt.

Frauen haben eine Art Vetorecht

Allerdings haben Väter keinen Anspruch auf Einführung eines echten Wechselmodells nach der Trennung. Frauen haben deshalb eine Art Vetorecht, das Wechselmodell so auszugestalten, dass sie den vollen Unterhaltsanspruch nicht verlieren. Nur wenn es ausdrücklich dem Kindeswohl dient, kann ein Gericht das echte Wechselmodell gegen den Willen eines Elternteils anordnen.

Bei asymmetrischen Wechselmodellen will Justizminister Marco Buschmann nun die Väter besserstellen, wie er am Wochenende in einem Interview mit den Zeitungen der Funke-Gruppe ankündigte. Wenn Väter sich in erheblichem Maße bei der Kinderbetreuung engagieren, dann solle dies auch bei der Unterhaltspflicht angerechnet werden. Buschmann denkt an eine Mindestschwelle von 30 Prozent der zeitlichen Betreuung.

An einem Rechenbeispiel macht er deutlich, was dies in der Praxis bedeuten kann. Wenn der Vater das Kind zu 40 Prozent mitbetreut und 4.000 Euro im Monat verdient, während die hauptbetreuende Mutter 2.000 Euro verdient, könnte sich die Barunterhaltspflicht des Vaters nach der Neuregelung von circa 500 Euro um rund 100 Euro vermindern.

Zu Lasten der Frauen?

Da diese 100 Euro dann der ohnehin schlechter verdienenden Frau fehlen, ist mit Widerständen gegen Buschmanns Plan zu rechnen. SPD-Chefin Saskia Esken sagte, die Reform dürfe nicht zu Lasten der zumeist in der Hauptsache erziehenden Mütter gehen. Helge Limburg, der rechtspolitische Sprecher der Grünen, warnte, die Reform dürfe nicht zu Armut führen.

Gökay Akbulut, familienpolitische Sprecherin der Linksfraktion, bezeichnete die angekündigten Änderungen als besorgniserregend. „Unterhaltskürzungen werden mehr Alleinerziehende und Kinder in die Armut stürzen“, kritisierte sie. „Knapp jede zweite Alleinerziehende und ihre Kinder sind schon jetzt von Armut betroffen.“

Buschmann sieht dagegen auch Vorteile für Frauen. Je mehr sich Väter an der Kinderbetreuung beteiligen, desto mehr könnten sie auch wieder berufstätig sein. Zumindest wolle er dafür sorgen, „dass beim hauptbetreuenden Elternteil keine Situation eintritt, die das Kindeswohl gefährdet“.

Buschmann plant, seinen Vorschlag in wenigen Tagen in einem Eckpunktepapier ausführlicher vorzustellen. Ein Gesetzentwurf soll alsbald folgen.

Der letzte entsprechende Vorstoß zur Entlastung von engagierten Vätern stammte 2019 von der damaligen Familienministerin Franziska Giffey (SPD). Über eine Interviewäußerung kam sie jedoch nicht hinaus.

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