Reform der Währungsgemeinschaft: Nie wieder Eurokrise?
Gemeinsames Finanzministerium inklusive: Fünf EU-Präsidenten legen einen Plan für die Währungsunion vor – mitten im Showdown um Griechenland.
Ein kurzfristig einberufenes Treffen der Euro-Finanzminister ging ohne Ergebnis zu Ende. Er habe „keine substanziellen Vorschläge“ aus Athen erhalten, sagte Wolfgang Schäuble (CDU). Damit gingen die Chancen auf eine Einigung beim Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs am Montagabend gegen null. Wahrscheinlich werde es am Mittwoch ein weiteres Krisentreffen der Eurogruppe geben, sagten EU-Diplomaten. Die Entscheidung über eine Auszahlung der im Februar vereinbarten Finanzhilfe an Griechenland dürfte dann beim regulären EU-Gipfel am Donnerstag fallen.
Die griechische Regierung hatte erst in der Nacht vor dem Krisengipfel neue Vorschläge eingereicht. Junckers Kabinettschef bezeichnete das Papier aus Athen als „gute Grundlage“. Ein EU-Diplomat in Brüssel sagte, Griechenland komme den Gläubigern unter anderem bei den Renten und den Verteidigungsausgaben entgegen, bei der Mehrwertsteuer müsse sich Athen aber noch mehr bewegen.
Die Vorschläge seien gut aufgenommen worden, sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Allerdings müsse die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) sie zunächst bewerten. Offenbar gibt es in diesem Kreis weiter große Meinungsverschiedenheiten. Zuletzt hatte vor allem der IWF auf stur geschaltet. Demgegenüber gewährte die EZB neue Notkredite für die klammen griechischen Banken.
Ohne neue Hilfe drohen dem hoch verschuldeten Land die Pleite und der Rauswurf aus der Währungsunion. Bisher gibt es dafür allerdings kein Verfahren. Auch das am Montag vorgelegte Papier zur Euroreform schwiegt sich dazu aus. Juncker und seine Koautoren, darunter EZB-Chef Mario Draghi und Parlamentspräsident Martin Schulz, weichen auch anderen heiklen Fragen aus. So verzichten sie auf Eurobonds und einen Schuldentilgungsfonds, wie ihn das Europaparlament gefordert hatte.
Auch an der Troika wollen die fünf Präsidenten nicht mehr rütteln – dabei hatte dies Juncker bei seinem Amtsantritt noch versprochen. Stattdessen soll die Eurozone ein gemeinsames Finanzministerium erhalten. Auch die umstrittenen Reformverträge zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit kommen wieder.
„Das bedeutet Troika für alle und wäre Gift für Europa“, kommentierte der Linken-Europaabgeordnete Fabio De Masi. Enttäuscht äußerte sich auch Grünen-Finanzexperte Sven Giegold: „Der Berg kreißte und gebar eine Maus.“ Vor allem fehlten ein gemeinsames Euro-Budget und die demokratische Kontrolle der Wirtschaftspolitik.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus