Reform der Pflegeversicherung: Kein Lohn an Pflegetagen
Die Pflegereform sieht bessere Leistungen in der ambulanten Pflege vor. Doch die bezahlte Job-Auszeit für Angehörige scheitert am Widerstand der CDU.
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BERLIN taz Nach monatelangen Verhandlungen hat das Bundeskabinett eine Reform der Pflegeversicherung beschlossen. In dem Entwurf verzichtet Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) allerdings auf einen bezahlten Pflegeurlaub von 10 Tagen. Die Union hatte sich gegen die bezahlte Job-Auszeit gestellt. Hier will Schmidt aber noch nicht lockerlassen. "Die überwiegende Mehrzahl der Menschen will dies", sagte Schmidt am Mittwoch in Berlin. "Der bezahlte Pflegeurlaub wird irgendwann Wirklichkeit."
Die vom Kabinett beschlossene Pflegereform sieht unter anderem vor, die Sätze in der ambulanten Pflege schrittweise zu erhöhen. Demenzkranke erhalten höhere Leistungen. Heime sollen in Zukunft häufiger kontrolliert, die entsprechenden Prüfberichte im Internet veröffentlicht werden. Zudem sollen in ganz Deutschland Stellen geschaffen werden, in denen Pflegebegleiter die Pflegebedürftigen und deren Angehörige beraten. Dafür steigen die Beiträge im Juli 2008.
Gesundheitsministerin Schmidt sprach von einem "großen Schritt". Gleichzeitig machte sie klar, dass die Finanzierung der Pflegeversicherung nur für die kommenden sechs bis sieben Jahre sichergestellt sei. Laut Statistischem Bundesamt steigt die Zahl der pflegebedürftigen Menschen bis zum Jahr 2020 um mehr als ein Drittel von heute 2,13 Millionen auf 2,8 Millionen.
Der Sozialverband VdK sieht die Pflegereform weitaus kritischer. "Wir sind froh, dass überhaupt etwas passiert", sagte VdK-Präsident Walter Hirrlinger der taz. "Aber eine große Reform ist das nicht." So müssten die Sätze sofort stärker angehoben werden und nicht erst schrittweise bis 2012. "Damit wird die Verbesserung in eine ferne Zukunft verschoben", sagte Hirrlinger. Den Verzicht auf eine bezahlte Job-Auszeit bezeichnete er als "verheerend".
Für den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach müssten Pflegeheime noch schärfer kontrolliert werden als in dem Entwurf vorgesehen. "Wir brauchen eine Bewertung mit Noten", sagte Lauterbach der taz. Diese Zeugnisse sollten jährlich veröffentlicht werden. "Alle drei Jahre ist zu wenig", sagte er.
In der Unionsfraktion herrscht Skepsis über das geplante Netz an Beratungsstellen. "Es ist noch unklar, wer diese rund 4.000 Pflegestützpunkte bezahlt", sagte CDU-Gesundheitsexperte Willi Zylajew der taz. Er befürchtet Interessenkonflikte: "Wenn die Kassen die Finanziers sind, wäre das alles andere als ideal."
Das Gesetz soll nun von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Im Juli 2008 könnte es in Kraft treten.
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