Reform der Eurogruppe gefordert: Bloß nicht wie Dijsselbloem
Die Eurogruppe entzieht sich noch immer der demokratischen Kontrolle. Deshalb fordert Transparency International dringend eine Reform.
Die Eurogruppe ist in der Eurokrise zu einem der mächtigsten Gremien der EU aufgestiegen, doch sie entzieht sich immer noch demokratischer Kontrolle. Zu diesem Schluss kommt die Nichtregierungsorganisation Transparency International (TI) in einer Studie, die am Dienstag in Brüssel vorgestellt wird. Die Runde der 19 Euro-Finanzminister müsse dringend reformiert werden, fordern die Experten. Nötig sei vor allem mehr Transparenz.
Als Negativbeispiel nennt Studienkoordinator Leo Hoffmann-Axthelm den früheren Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Der Niederländer hatte behauptet, manche EU-Länder (gemeint war Griechenland) würden Hilfskredite nur für „Frauen und Alkohol“ ausgeben. Das sei in Holland zwar vielleicht gut angekommen, so Axthelm, „doch es hat die Glaubwürdigkeit und das Amt beschädigt“.
Unter dem neuen Vorsitzenden Mario Centeno trete die Eurogruppe nicht mehr so rigide auf wie früher. Doch an den Grundproblemen hat sich laut TI nichts geändert: Die Finanzminister treffen sich hinter verschlossenen Türen, sie fühlen sich vor allem den eigenen Steuerzahlern verpflichtet – und nicht den Krisenländern, über die sie entscheiden.
Außerdem sind sie auf EU-Ebene niemandem rechenschaftspflichtig. Selbst das Europäische Parlament ist außen vor. Auch kleine Eurogruppenländer haben laut TI das Nachsehen – vor allem wenn sie wie zuletzt Griechenland von Finanzhilfen abhängig sind. Dies sei vor allem auf das Einstimmigkeitsprinzip zurückzuführen, heißt es in der Studie, die der taz vorab vorlag.
Nur Deutschland und Frankreich hätten die Ressourcen
Es führe zu einem enormen Gruppenzwang, der durch den Druck der Finanzmärkte noch verstärkt werde. Nur Deutschland und Frankreich hätten die nötigen Ressourcen, um Entscheidungen gut vorzubereiten und auch durchzusetzen.
Doch wie ließe sich die Eurogruppe reformieren? Nicht nur die Ideen von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron dazu sind im Sand verlaufen. „Die Eurogruppe hat bei ihrem Treffen im Dezember geschlagene 19 Stunden gebraucht, um sich auf einige kleine Reformschrittchen zu einigen“, kritisiert Hoffmann-Axthelm.
Macron hatte zuvor einen Euro-Finanzminister und ein Euro-Parlament gefordert – und war gescheitert. Anstatt einer stärkeren Integration gebe es auch die Möglichkeit, die nationale Ebene zu stärken, sagt Hoffmann-Axthelm. Sinnvoller sei es jedoch, die Eurogruppe mit einem permanenten, hauptamtlichen Präsidenten auszustatten. Dies würde nicht nur Transparenz und Zurechenbarkeit der Entscheidungen verbessern. So ließen sich auch Interessenkonflikte vermeiden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen