piwik no script img

Referees aus RusslandPfeifen in der Wüste

Der russische Fußball bleibt weiter vom internationalen Fußball ausgeschlossen. Das gilt auch für die Schiedsrichter – eigentlich.

Im Auslandseinsatz: Sergei Iwanow beim Schiedsrichtern Foto: imago

E s bleibt dabei. Russland darf weiter nicht mitkicken. Der Fußballverband des angriffskriegsführenden Landes bleibt von internationalen Wettbewerben ausgeschlossen. Die WM 2026 wird ohne Russland stattfinden. Während des jüngsten Länderspielfensters Mitte November wurde diese Entscheidung der Fifa und der Uefa publik. Während alle anderen europäischen Fußballnationen um Punkte in der Nations League spielten, traten die Russen zu zwei Freundschaftsspielen gegen Brunei (11:0) und Syrien (4:0) an. Als große internationale Erfolge mochte auch in Russland die zwei siegreichen Partien niemand bezeichnen, wenngleich der Berichterstattung darüber viel Raum gegeben wurde.

Da ist eben nicht mehr viel, was es zu feiern gibt. Und so wird schon mal ein Auftritt eines russischen Schiedsrichters in der Saudi Professionel League gefeiert. Dass Sergei Iwanow das Spiel von Cristiano Ronaldos al-Nassr gegen al-Qadisiya (1:2) geleitet hat, ist von jedem russischen Sportportal gemeldet worden. Beinahe stolz wurde da vermerkt, dass es ein Russe war, der in die Pfeife geblasen hat, als der alternde Superstar ein Tor geschossen hat.

Dass der Videoschiedsrichter bei diesem Spiel ebenfalls ein Russe war, wurde auch vermeldet. Und wer wissen möchte, „wer von uns“ schon mal ein Spiel mit Ronaldo oder Lionel Messi geleitet hat, der muss nicht lange klicken, bis er eine entsprechende Auflistung findet.

Dass Sergei Iwanow kurz vor seinem sicher gut bezahlten Ausflug nach Saudi-Arabien für umgerechnet etwa 20 Euro ein Spiel der Rostower Studentenliga gepfiffen hat und sich dabei mit einem Spieler und dessen Bekenntnis zum Krieg ablichten ließ, das hat am Golf niemanden gestört. Russische Unparteiische werden geschätzt in Saudi-Arabien. Der Mann trug ein Trikot, auf dem ein riesiges „Z“ prangte. So brachte er seine Unterstützung für die mit diesem Buchstaben auf den Geräten operierenden russischen Soldatesken zum Ausdruck.

Ordentliche Bezahlung

Auch Sergei Karassjow, der wie Iwanow bis 2022 zum Kreis der für internationale Spiele befähigten Fifa-Schiedsrichter gehörte, pfeift bisweilen in Saudi-Arabien. In einem Interview mit dem Sport-Sender „match.tv“ sagte er, dass sowohl Uefa als auch Fifa seinen Einsatz in der Liga genehmigt hätten, obwohl er von internationalen Spielen eigentlich ausgeschlossen sei.

Die guten Gagen etwa bei Europapokalspielen würden ihm fehlen, und so sei er froh, dass er in Saudi-Arabien „ganz ordentlich“ bezahlt werde. Viel Zeit, sich auf den saudischen Fußball vorzubereiten, nehme er sich nicht. Er reist an, pfeift und reist wieder ab. Als Entwicklungshelfer in Sachen Schiedsrichterwesen wird man ihn kaum bezeichnen können. Kontakt zu Schiedsrichtern vor Ort, erzählte er, habe er kaum.

Nicht nur in Saudi-Arabien schätzt man die Qualitäten von Schiedsrichtern aus Russland. Auch in Katar kommen sie zum Einsatz. Dort ist mit dem ehemaligen Fifa-Schiedsrichter Walentin Iwanow seit Oktober des vergangen Jahres ein Russe sogar Leiter des Schiedsrichterwesens. Zu diesem Job ist er auch gekommen, weil er zu den von der Fifa gelisteten Ausbildern gehört, die vor allem in Fußballentwicklungsländern die Schiedsrichterei unterrichten sollen.

Vielleicht erzählt Walentin Iwanow ja in Katar bisweilen, was man von dem Spiel lernen kann, das er bei der WM 2006 in Deutschland geleitet hat. Iwanow jedenfalls zeigte seinerzeit im Achtelfinale zwischen Belgien und den Niederlanden 16 Gelbe Karten, davon vier Gelb-Rote. Vier Platzverweise hatte es bis dahin noch in keinem WM- Spiel gegeben.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!