piwik no script img

Recycling von SolarmodulenSchrottplätze für den Sonnenstrom

Eigentlich hat die Solarbranche noch mindestens 15 Jahre Zeit für den Aufbau einer Wiederverwertung. Doch sie beginnt schon jetzt, weil die Technik noch nicht serienreif ist.

Müssen aussortiert werden: Solarmodule. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Solarbranche hat mit dem Aufbau eines eigenen Recyclingsystems begonnen. Im Herbst soll der dafür zuständige Verein PV Cycle mit Sitz in Brüssel seine Arbeit aufnehmen und erste Module einsammeln. Erfasst werden sollen technologieübergreifend sowohl kristalline als auch Dünnschicht-Module, die hauptsächlich aus Glas, Aluminium, Kunststoff sowie, je nach Technik, aus Silizium oder Cadmium-Tellurium-Verbindungen bestehen. Mit derzeit 43 Unternehmen sind rund 80 Prozent der europäischen Hersteller Mitglied in dem Verein.

Dabei hat die Branche scheinbar noch viel Zeit. Die ersten relevanten Mengen ausgedienter Solarmodule werden frühestens in 15 bis 20 Jahren erwartet. Doch Wissenschaftler zum Beispiel des Berliner Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) mahnen schon jetzt, auch die Zukunftstechnologie Solarenergie basiere auf seltenen fossilen Rohstoffen, die rechtzeitig in einen Stoffkreislauf überführt werden müssten.

Das neue System sieht vor, dass Kunden europaweit kaputte Module bei dem Installateur abgeben können, der ihre Anlage wartet. Dieser schickt die Teile schließlich palettenweise in entsprechende Recyclingwerke. Ziel ist, rund 60 Prozent der Module zu erfassen und sie dann zu 80 Prozent zu recyceln. "Das klingt viel", sagt Max Marwede vom IZT, "doch es ist zu befürchten, dass vor allem Massenstoffe wiederverwertet werden, das ist technisch einfacher und günstiger." Glas und der Alurahmen zum Beispiel könnten relativ leicht gewonnen werden. Die seltenen Metalle und Halbmetalle, die nur in Spuren in den Modulen enthalten seien, könnten aber leicht auf der Strecke bleiben.

Um das zu vermeiden, will PV Cycle nur mit ausgewählten Recyclingfirmen zusammenarbeiten. "Es werden Investitionen in die Anlagen nötig, weil unsere Produkte eine spezielle Struktur haben", sagt Vereinspräsident Karsten Wambach. Ein Standardbetrieb werde das nicht lösen können. "Im Labormaßstab können wir schon alle Bestandteile zurückgewinnen, aber industriell ist es im Moment noch zu teuer, um wirtschaftlich zu sein."

Die Industrie will so aber auch möglichen staatlichen Vorgaben zuvorkommen. Mit den elektronischen Bauteilen der Module würde die Solarbranche nämlich unter die Vorgaben des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes fallen, das Herstellern seit 2006 dazu verpflichtet, ihre Geräte kostenlos zurückzunehmen und dem Recycling zuzuführen. Derzeit sind sie mit dem Gesetz aber nicht erfasst. "Wir schauen uns jetzt genau an, wie die Firmen mit der freiwilligen Selbstverpflichtung umgehen", sagt ein Sprecher des Bundesumweltministeriums in Berlin. Bisher sehe es aber "ganz gut" aus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • I
    ickebins

    Kadmium irgendwo endzulagern wäre wohl nicht wirklich sinnvoll. Es ist relativ selten und technisch wertvoll. Außerdem ist es in Dünnschichtmodulen besser aufgehoben als auf Abraumhalden. Bis Siliziummodule wirtschaftlich werden ist Kadmium durchaus sinnvoll.

    Die Menschheit kann übrigens auch mit einem Teelöffel Viren ausgerottet werden und es hat bis jetzt nicht geklappt.

  • BG
    Bürger G.

    " Die seltenen Metalle und Halbmetalle, die nur in Spuren in den Modulen enthalten seien, könnten aber leicht auf der Strecke bleibe"

    Sind da mit "Metallen" z.B. Cadmium und andere hochtoxische Metalle gemeint die Mrd. von Jahren ENDGELAGERT werden müssen, weil die Menge reicht die ganze Menschheit auszurotten? ;-)

    Schön, dass die Branche jetzt damit anfängt, denn ein ENDLAGER für sowas zu finden wird ca. hundert Jahre dauern (ach ne, für solche Stoffe haben wir ja akzeptirte Endlager) ;-)

  • M
    marina

    "Im Labormaßstab können wir schon alle Bestandteile zurückgewinnen, aber industriell ist es im Moment noch zu teuer, um wirtschaftlich zu sein."

     

    Na dann aber mal ran, meine Damen und Herren.

     

    Sehr gut übrigens, dass die taz darüber mal berichtet!

     

    Zellen, die Cadmium enthalten, sind aber völlig überflüssig und deren Produktion sollte entweder ab spätestens 2012 verboten werden oder deren Recycling strengsten Auflagen unterworfen werden.