Rechtsstreit mit dem Vermieter: Zuschauerboom wird für Hannover-Burgdorf zum Problem
Die Handballer des TSV Hannover-Burgdorf wollen für ihre Heimspiele in der 1. Liga weiter die ZAG-Arena mieten. Aber der Vermieter will mehr Geld.

Sie sprechen gerne von ihrer Festung. Am 27. August eröffnen die Handballer der TSV Hannover-Burgdorf in der ZAG-Arena die Saison 2025/26. Ihre Vorfreude auf die nächste Spielzeit der 1. Bundesliga und das erste Heimspiel gegen den VfL Gummersbach ist allerdings getrübt. Denn eine der besten deutschen Männermannschaften trägt ihre Heimspiele als Mieter einer riesigen Multifunktionshalle aus, in der ZAG-Arena.
Die gehört dem Bauunternehmer Günter Papenburg. Über die Konditionen, zu denen er seine Halle für erstklassigen Handball zur Verfügung stellt, wird gestritten. Zuletzt musste sogar das Landgericht Hannover entscheiden, ob die TSV Hannover-Burgdorf bleiben darf oder ausziehen muss.
Für Außenstehende wirkt dieser Streit zwischen Vermieter und Mieter wie ein schlechter Witz. Eigentlich sollten alle Beteiligten mit dem bisher Erreichten sehr zufrieden sein. Die TSV Hannover-Burgdorf, deren Profiteam aus Gründen der besseren Vermarktung „Die Recken“ genannt wird, entwickelt sich prächtig. Das im kleinen Städtchen Burgdorf bei Hannover entstandene Projekt hat es bis in die höchste deutsche Spielklasse geschafft und ist nach Hannover umgezogen, um gezielt zu wachsen.
In der vergangenen Saison haben 155.000 Zuschauer die 17 Heimspiele der „Recken“ in Hannover besucht. Ihr Geschäftsführer Eike Korsen ist stolz auf eine Erfolgsgeschichte. Aber es gibt dieses unrühmliche Kapitel. Vor Gericht erstreiten zu müssen, weiterhin einer der prominentesten Mieter in der ZAG-Halle bleiben zu dürfen, lenkt vom Wesentlichen ab und nervt.
Was da vor dem Landgericht Hannover verhandelt wurde und nicht final ausgestanden ist, basiert auf einer komplexen Historie. Rechtzeitig zur Eröffnung der Weltausstellung 2000 in Hannover war die gigantische Halle für Konzerte, Events und Sportveranstaltungen eröffnet worden. Die Halle, die damals rund 70 Millionen Euro gekostet haben soll, ist mittlerweile in die Jahre gekommen. Aus finanziellen Gründen hieß sie erst Expo-Arena, später Preussag-Arena und dann TUI-Arena.
Der aktuelle Namensgeber ZAG ist eine Zeitarbeitsfirma, die wie Hausherr Papenburg froh über jeden Dauermieter sein sollte, der Zuschauer anlockt und für Umsatz in den Foyers sowie Logen sorgt. Trotzdem wird über die Höhe der Mietzahlungen gestritten. Papenburg wollte den bis 2030 mit der TSV Hannover-Burgdorf geschlossenen Mietvertrag vorzeitig kündigen und hat eine Mietnachzahlung in Höhe von 580.000 Euro eingefordert. Seine Begründung: Der Zuschauerboom der „Recken“ sorgt für steigende Umsätze und erheblichen Mehraufwand bei den Energie-, Reinigungs- und Sicherheitskosten.
Der Streit über das Monetäre erinnert daran, dass die „Recken“ kein ambitionierter Sportverein, sondern ein florierendes Wirtschaftsunternehmen sind. Sie beschäftigen zahlreiche Nationalspieler. Ihr Chefcoach ist der ehemalige Bundestrainer Christian Prokop. Unter seiner Regie hat sich das Team wieder für internationale Aufgaben in der European League qualifiziert. Und für ihre Heimspiele in der 1. Liga sind die „Recken“ angesichts einer tragfähigen Vermarktung auf eine große Heimspielstätte wie die ZAG-Arena angewiesen.
Vermieter führt Sicherheitsbedenken an
Das Binnenverhältnis zwischen Vermieter und Verein bleibt schwierig. Papenburg hat wegen seiner Event-Immobilie schon oft um Geld gestritten und sogar Hilfe von der öffentlichen Hand gebeten. Der von ihm einst aufgekaufte Eishockeyverein Hannover Scorpions war 2010 erst Deutscher Meister geworden und dann verkauft worden. Die Siege auf Kufen, die damals in der TUI-Arena bejubelt worden sind, waren ihm zu teuer geworden.
Dass aktuell mit den „Recken“ um Geld gestritten wird, wirft Fragen auf. Warum wird durch den Zoff vor Gericht ein Imageschaden für die ZAG-Arena und die „Recken“ in Kauf genommen? Warum verspürt Papenburg keine Freude mehr an dem Mietvertrag und an dem ergänzenden Sponsoringvertrag, die er mit seinem sportiven Untermieter geschlossen hat? Vor Gericht hat er vor allem Sicherheitsbedenken angeführt, die ihn antreiben. „Wehe dem, da passiert etwas“, sagte der 86-Jährige dem NDR. Ehrlicher wäre gewesen, einmal laut zu sagen, dass schlichtweg um Geld gestritten wird.
Für die Spieler der „Recken“ muss es sich merkwürdig anfühlen, gerade wieder mit dem Schwitzen für die neue Saison begonnen zu haben. Sie bereiten sich auf große Momente in einer Festung vor, in der sie per richterlichem Beschluss geduldet werden. Ihr Geschäftsführer gibt sich viel Mühe, freundlich zu moderieren, was für Ärger sorgt. „Unsere Saison ist geplant. Wir planen bis 2030 und darüber hinaus“, sagt Eike Korsen. Er sieht großes Potenzial für eine gemeinsame Weiterentwicklung der „Recken“ und signalisiert Bereitschaft für „konstruktive Gespräche, um zu tragfähigen und einträglichen Lösungen zu kommen“.
Fairplay fürs freie Netz
Auf taz.de finden Sie unabhängigen Journalismus – für Politik, Kultur, Gesellschaft und eben auch für den Sport. Frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Alle Inhalte auf unserer Webseite sind kostenlos verfügbar. Wer es sich leisten kann, darf gerne einen kleinen Beitrag leisten. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!