Handballtrainer verlängert in Hannover: Christian Prokop liefert ab

Der frühere Nationaltrainer Christian Prokop bleibt bei Hannover-Burgdorf. Er überzeugt durch Leistung, nicht durch Schmusekurs mit der Vereinsspitze.

Ein Handballtrainer steht am Rande des Spielfelds und gestikuliert

Ist auf dem Feld präsent: Recken-Trainer Christian Prokop Foto: Sascha Klahn/dpa

HAMBURG taz | Vor genau einem Jahr war es unmöglich, Christian Prokop ein tiefes Bekenntnis zur TSV Hannover-Burgdorf abzuringen. Seine Mannschaft hatte gerade 23:25 beim HSV Hamburg verloren und war Richtung Abstiegsränge gerutscht. Prokop erzählte zwar gewohnt distanziert, dass die Familie sich im neuen Heim in Hannovers Süden wohlfühle, die beiden Kinder zur Schule gingen, seine Frau bald wieder als Grundschullehrerin arbeiten werde – aber die üblichen Phrasen blieben aus. Kein: „Ich will hier etwas entwickeln“, kein: „Die Arbeit mit den vielen Talenten macht mir viel Spaß.“ Stattdessen: Skepsis. Unverhohlen.

Und das war von Vereinsseite nicht anders. Sportchef Sven-Sören Christophersen schaute sich genau an, was Prokop, der frühere Bundestrainer, in Hannover ablieferte. Es ist nämlich nicht ganz leicht, mit Prokop warm zu werden. Er ist jemand, der am liebsten durch Leistung überzeugt, nicht durch Netzwerkarbeit oder Schmusekurs mit den Vorgesetzten. Betrachtete man am Ende der Saison 2021/22 die nackten Zahlen, hatte Prokop in seinem ersten Jahr bei der TSV enttäuscht: Tabellenplatz 13, zwölf Siege, 19 Niederlagen.

Dass sein Ende Juni 2023 auslaufender Vertrag nun trotzdem bis Mitte 2025 verlängert wurde, liegt in zwei Dingen begründet. Zum einen sahen die Macher in Hannover die Gründe der schlechten Vorsaison eher beim Team und nicht beim Trainer und starteten gemeinsam mit Prokop den nächsten Umbruch – sieben Neue kamen, sechs Alte gingen.

Neue Frische und mehr Mut

Zum anderen hat die TSV mit Prokop in dieser Saison einen anderen Zug, eine neue Frische, mehr Mut als zuletzt. Abgesehen von der enttäuschenden Niederlage gegen Wetzlar am Donnerstag ist die aufwändig und mit viel Geld runderneuerte Mannschaft keine junge Truppe mit viel Talent mehr – sondern ein Anwärter auf die European League mit zahlreichen Spitzenkräften im Kader. Was zum einen die These widerlegt, Prokop könne mit seiner verkopften Art nur mit jungen Spielern arbeiten, die ihm bedingungslos folgten. Zum anderen unterstreicht es die Ambitionen des niedersächsischen Klubs, der dank Infrastruktur, Heimspielstätte und Etat in der Lage sein müsste, die Top 6 zu attackieren. So hat es Prokop zuletzt auch formuliert.

Sein Zögern vor einem Jahr hing auch damit zusammen, dass er sehen wollte, welcher Kader denn da auf ihn zukäme, was Christophersen in der Lage sein würde, nach Hannover zu holen. Da auch Geschäftsführer Eike Korsen und Christophersen selbst ihre Arbeitspapiere jüngst bis Ende der Saison 2024/25 ausdehnten, stehen die Zeichen in Hannover nun auf Stetigkeit – zumindest, was die Leitung angeht.

Prokop, 43, ist durch seine Jahre als Bundestrainer anspruchsvoller geworden. Er coachte Uwe Gensheimer, Hendrik Pekeler, Andi Wolff. Mit WM-Platz vier 2019 und Rang fünf bei der EM ein Jahr schnitt er im Nachhinein so gut ab, wie es sich mancher im DHB für die Gegenwart wünscht. Trotzdem musste er vor knapp drei Jahren Alfred Gislason Platz machen. Welch eine Enttäuschung!

Doch damit hat Prokop glaubhaft abgeschlossen. Für ihn war der Weg aus dem geliebten Leipzig nach Hannover im Sommer 2021 ein lehrreicher Schritt. Auch dort gab es zunächst Widerstände. Der Kader wirkte unpassend, Prokop und Christophersen mussten sich beschnuppern, den nächsten Umbau einleiten. Nun hat es sich zurechtgeruckelt. Und Christian Prokop kann so deutlich Ja zur TSV sagen wie sie zu ihm.

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