Rechtsradikales Oktoberfest in Hamburg: AfD-Gastgeberin in Quarantäne
Die AfD-Politikerin Nicole Jordan erwartet am Samstag 400 Gäste aus dem rechten Spektrum – obwohl sie Kontakt mit einem Corona-Infizierten hatte.
D as geplante Gartenfest mit rechtsradikaler Prominenz auf dem Grundstück der AfD-Bezirkschefin von Hamburg-Mitte, Nicole Jordan, findet statt – obwohl sie sich in Quarantäne befindet. Eine Absage der für Samstag geplanten „Bürgerstunde und Oktoberfest“ mit 400 erwarteten Gästen hält Jordan für nicht geboten, sagt sie der taz. Sie bestätigte, dass sie in Quarantäne sei, ihr Wohngelände könne aber trotzdem genutzt werden. „Ich bleibe der Veranstaltung auch fern“, sagt Jordan weiter.
Die AfD-Politikerin nahm am 21. Oktober an einer Bezirksversammlung teil, an der auch eine mit Covid-19 infizierte Person anwesend war. Zu dem Zeitpunkt sei die Person auch schon infektiös gewesen. Die Räumlichkeit habe eine gute Lüftung verhindert, so dass alle Anwesenden als „enge Kontaktpersonen“ gelten. Die Quarantänepflicht gilt nicht für Geimpfte oder Genese. Beides trifft für Jordan offenbar nicht zu. In ihrem Milieu wird Impfen massiv abgelehnt.
Bei ihrer Veranstaltung am Samstag wird auch Prominenz aus dem Europäischen Parlament erwartet: Nicolaus Fest von der AfD und Roman Haider von der FPÖ werden in einer Einladung angekündigt, die der taz anonym zugespielt wurde.
Ab 15 Uhr ist Einlass zu dem „Bürgerdialog zünftiger Art“. Für das „leibliche Wohl“ werde „natürlich“ gesorgt. Ein Busservice vom Hauptbahnhof zum Veranstaltungsort soll die Anreise erleichtern. Für „Anreisende von weit her“ sollen zudem „günstige Übernachtungen“ organisiert werden. Bis zu 400 Teilnehmende werden erwartet, heißt es in dem anonymen Schreiben. In ihm wird gewarnt, dass auf dem Hof von Jordan die Coronabestimmungen nicht eingehalten werden. Denn „die AfD bleibt die Partei der Coronaleugner und gefährde mit solchen Veranstaltungen die Gesundheit“.
Auf dem Fest dürfte nicht bloß das Essen „zünftig“ werden. Die angekündigten Redner stehen auch für eine derbe Politik. 2016 stellte die AfD im Bundespressehaus den damaligen „prominenten Neuzugang“ Fest vor. Der ehemalige stellvertretende Chefredakteur der Bild am Sonntag hatte zuvor schon mal den Islam als ein Integrationshindernis bezeichnet.
Vor der Hauptstadtpresse behauptete er, dass die heutigen Nazis die Islamisten seien, und verglich das Tragen von Kopftüchern mit dem Zeigen von SS-Runen oder Hakenkreuzen. Der Islam sei eine totalitäre Bewegung wie der Stalinismus. In der Logik des AfD-Europaabgeordneten ist der Islam nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Und er forderte, in Deutschland das „öffentliche Zeigen dieser Ideologie“ zu unterdrücken und „alle Moscheen zu schließen“.
2020 griff im Europäischen Parlament Haider ebenso den Islam an. Er stellte zuerst fest, dass in der „westlichen Gesellschaft“ und in „unserer Kultur“ Gewalt gegen Frauen nicht mehr „als Kavaliersdelikt“ angesehen werde.
2015 jedoch sei mit der Öffnung der Grenzen für Migranten ein „ganz gewaltiger Rückschlag“ erfolgt, der eine „neue Welle der Gewalt gegen Frauen“ nach sich gezogen habe. Die „archaische und fremde Kultur“ der „Masseneinwanderung aus islamischen Ländern“ hätte zu einer „neuen Flut von Frauenmorden, Vergewaltigungen und Gewalt in der Familie“ geführt. Und er meint: „Wenn es um kulturbedingte Gewalt an Frauen geht, dann schweigen die Linken. Die Willkommensklatscher haben genau diese Gewalt nach Europa geholt.“
Am Samstag dürfte diese Hetze und Verzerrungen bei Jordan Zuspruch und Applaus finden. Die AfD-Politikerin steht dem parteiinternen „Flügel“ nahe, der vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft wurde und sich formal aufgelöst hat. Auf ihrem Grundstück fanden bereits Parteiveranstaltungen statt – vor dem Grundstück aber auch schon Proteste.
Aktualisierte Version
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil