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Rechtspopulisten in GöttingenÜbergriffige Wahlkämpfer

Als er sich gegen Nazis äußert, bekommt es ein Schüler mit Aktivisten von „Pro Deutschland“ zu tun. Nun laufen die Ermittlungen.

Abweichende Meinungen unerwünscht: die Pro-Deutschland-Kundgebung in Göttingen. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der Wahlkampftermin wird ein Strafverfahren nach sich ziehen. Vergangenen Samstag griffen mehrere Wahlkämpfer der rechtspopulistischen „Bürgerbewegung Pro Deutschland“ in Göttingen einen Schüler an und verletzten ihn leicht. „Wir haben Strafanzeige gegen unbekannt gestellt“, sagt Rasmus Kahlen, Rechtsbeistand des 17-Jährigen.

Mehr als 400 Menschen waren am Samstag gegen Pro Deutschland auf den Straßen. Einen ersten Stopp hatten die sieben Wahlhelfer und Bundesgeschäftsführer Lars Seidensticker in der Güterbahnhofstraße abgehalten, dort löste die Polizei eine Sitzblockade auf. Gemüse und Eier flogen, als Seidensticker vor „Salafisten“ sowie „Linksfaschisten“ warnte und „Abschiebung“ forderte.

In der Arndtstraße, nahe der Al-Iman Moschee, verfolgte der Schüler die zweite Pro-Deutschland-Kundgebung aus nächster Nähe. Seidensticker bot umstehenden Personen das Mikrofon an, auch der Schüler, der unauffällig gekleidet war, bekam die Möglichkeit, technisch verstärkt zu sprechen. Statt aber, wie möglicherweise erwartet, gegen Muslime oder Linke zu wettern, rief er mehrmals: „Nazis raus!“

Getreten und gewürgt

Daraufhin sollen Seidensticker und weitere Personen den 17-Jährigen angegangen sein, ihn geschlagen und getreten haben – sogar „gewürgt“ worden sei sein Mandant, sagt Anwalt Kahlen. Der Schüler trug Hämatome und Schürfwunden davon. Polizisten schritten ein, hielten aber den 17-Jährigen zunächst für einen Angreifer. Das Missverständnis konnte aber rasch ausgeräumt werden.

Die Polizei schloss Seidensticker von der Kundgebung aus, am dritten Termin an diesem Tag, vor der Göttinger Stadthalle, durfte der 40-Jährige nicht mehr teilnehmen. Einem Polizeisprecher zufolge wird gegen den Bundesgeschäftsführer und einen weiteren Wahlkämpfer wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung ermittelt.

Videoaufzeichnungen dokumentierten den Tatverlauf, sagt Kahlen. Eingeschüchtert habe der Angriff seinen Mandanten übrigens nicht: „Die Bürgerbewegung beruft sich in ihrem Programm auf die Meinungsfreiheit“, sagt er. Wie ihre Anhänger aber tatsächlich „mit Andersdenkenden umgehen, hat sich bei der Kundgebung anschaulich gezeigt“.

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7 Kommentare

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  • Alles, was Sie sagen, ist falsch.

    1. Versammlungen bedürfen keiner Genehmigung, sondern nur einer Anmeldung. Versammlungen bedürfen keiner Erlaubnis, man muss sie nur ankündigen.

    2. Das Versammlungsgesetz Niedersachsens, in dem Göttingen ja liegt, soweit ich mich erinnere, regelt in §21 Ordnungswidrigkeiten und Bußgelder - aber nicht zu "irgendwelchen" Störungen.

    3. In §20 regelt das Gesetz Straftatbestände, die allerdings nicht mit drei, sondern maximal mit zwei Jahren bestraft werden.

    4. Für Störungen gibt es nur dann eine Strafe, wenn sie in Form von Gewalttätigkeiten mit dem Ziel der Vereitelung der Versammlung durchgeführt werden. Rufe eines Jungen sind keine Gewalttätigkeiten und noch nicht einmal geeignet, eine Versammlung zu vereiteln.

    Zur Notwehr:

    1. Wie Sie in §32 StGB nachlesen können, richtet sich die Notwehr als Verteidigungshandlung gegen einen rechtswidrigen Angriff. Ein Angriff ist die Schädigung rechtlich geschützter Interessen, bspw. das Interesse daran, eine Versammlung durchführen zu können, aber Teil dieser Versammlung war es, dass sich Außenstehende äußern. Abgesehen davon hat ein Ruf durch einen Jungen die proDeutschen nicht abgehalten und auch gar nicht abhalten können, ihr Versammlungsinteresse wahrzunehmen. Es gab also keinen Angriff.

    2. Es hätte, selbst wenn es ein Angriff gewesen wäre, irgendetwas daran sein rechtswidrig müssen. Meinungsäußerungen sind nicht rechtswidrig, auch Widerspruch auf Versammlungen nicht, aber die proDeutschen haben ja sogar zu dieser eingeladen, in diese eingewilligt und das heißt, dass das Handeln des Jungen gerechtfertigt war.

    3. Auch die Notwehr gestattet nur die erforderliche Verteidigung. Alles darüber hinaus ist rechtswidrig. Selbst wenn es also einen rechtswidrigen Angriff durch die Meinungsäußerung gegeben hätte, wäre es ja gewiss nicht nötig gewesen, einen 17-Jährigen zu schlagen, sondern nur das Mikro wegzunehmen oder abzustellen.

  • BD
    Bielefelder Demokrat

    Wo hat denn der "Junge" eine Versammlung gestört? Er wurde um seine Meinung gebeten und hat sie geäußert.

    Bedenklich finde ich, dass Seidensticker am 26.8. in Bielefeld trotz des Übergriffs den Versammlungsleiter geben durfte!

  • S
    Starost

    § 21 Versammlungsgesetz bedroht die Störung genehmigter politischer Versammlungen Andersdenkender mit bis zu drei Jahren Haft. Da ist der Junge mit ein paar notwehrbedingten Abschürfungen noch billig weggekommen. Aber rotzfrech von ihm wie von euch, jetzt auch noch den Spieß umdrehen zu wollen und aus dem Straftäter das Opfer zu machen.

  • momentan machen internationale sozialisten eher schlagzeilen, wenn sie (wie die SA 1933) wahlkampfveranstaltungen andersdenkender mit messer und reizgas (auch gegen kinder) sprengen.

  • D
    D.J.

    Schlagen, Treten, Spucken, Messer (gegen AfD) - das ist der Wahlkampf 2013. Linksaußen wie Rechtsaußen dabei dieselbe Mischpoke. Diese Vollkasper gehen mir auf den Senkel. Weimar lässt grüßen.

    • @D.J.:

      Ich halte nichts davon Rechtextreme und Linksextreme in einen Topf zu werfen, denn das verwischt wichtige Unterschiede.

       

      Ich halte auch nichts davon bei den Untaten der "Pro-Bewegungen" direkt mit "Linksaußen" zu kommen. Das hat einen Beigeschmack für mich.

    • S
      sowhat
      @D.J.:

      sie haben so gar keine ahnung, wenn sie das mit weimar vergleichen. eine schöne, wenn auch leider recht leichtsinnige aktion dieses 17jährigen.