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Rechtspopulist Joram van KlaverenKoranstudien statt Islamkritik

Einst wollte er im Parlament über das „Marokkaner- Problem“ reden. Der niederländische Rechtspopulist Van Klaveren ist nun überzeugter Muslim.

„Ich habe nicht das Gefühl, dass ich zu einem anderen Gott geswitcht bin“: Joram van Klaveren (Archivbild aus dem Jahr 2015) Foto: Imago/Zuma Press

Amsterdam taz | Einen neuen Namen hat Joram van Klaveren noch nicht. Und er wird sich wohl auch keinen zulegen. Das zumindest sagt er niederländischen Medien, die den Mann nun, zwei Jahre nach dessen Abschied aus der Politik, plötzlich alle zum Thema machen.

Van Klaveren, gerade 40 geworden, war einst Mitglied der rechtspopulistischen „Partij voor de Vrijheid“ („Partei für die Freiheit“/PVV). Man hatte ihn beinahe schon vergessen in Den Haag, bis dieser Tage bekannt wurde: Ausgerechnet der Mann, der einst eine Parlamentsdebatte zum „Marokkaner-Problem“ anfragte, ist jetzt Muslim geworden.

Sein Übertritt zum Islam liegt schon drei Monate zurück. Derzeit übt van Klaveren sich nach eigenen Angaben im Beten. Und er studiert fleißig den Koran, mit Hilfe eines „kleinen rosa Büchleins für zehnjährige Kinder“. Weiter als die beiden kürzesten Suren sei er noch nicht gekommen. Auf Alkohol zu verzichten falle ihm leicht, und Schweinefleisch habe er ohnehin nicht gegessen, weil er „schnell dick wird“. Das Zwischenfazit des Konvertiten: „Ich habe nicht das Gefühl, dass ich zu einem anderen Gott geswitcht bin.“ So sagte es van Klaveren kürzlich dem NRC Handelsblad.

Immerhin ist er gewissermaßen vom Fach. Er studierte einst Religionswissenschaften an der Vrije Universiteit (Freien Universität) Amsterdam, die protestantische Wurzeln hat. Später unterrichtete er Religion und Gesellschaftslehre für die Sekundarstufe. Der Nachrichtensendung „Een Vandaag“ erzählte van Klaveren nun, er habe sich früher zum Judentum bekennen wollen. „Dort vermisste ich aber die Christus-Figur. Der Islam erkennt Christus als Propheten, das Judentum nicht.“

Sein Buch heißt: Abtrünniger. Vom Christentum zum Islam in Zeiten von Säkularisierung und Terror.

Politisch gesehen, stammt er aus der liberal-rechten regierenden Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) – ein Detail, das er mit PVV-Chef Geert Wilders teilt. 2010 kam er als Neuling für die PVV ins Parlament. 2014, nach der umstrittenen „Weniger Marokkaner“-Brandrede, gehörte van Klaveren zu jenen Abgeordneten, die die PVV verließen. Zunächst bildete er eine eigene Fraktion mit seinem Dissidenten-Kollegen Louis Bontes. Die neue Partei VoorNederland („Für die Niederlande“) schaffte es 2017 aber nicht ins Parlament.

In der Folge zog sich van Klaveren aus der Politik zurück, um ein islamkritisches Buch zu schreiben. Dabei kam er seinem Thema so nahe, dass daraus ein ganz anderes Projekt wurde: Er stieß auf immer mehr Dinge, die seinen „Blick auf den Islam ins Wanken brachten“, steht auf dem Klappentext. Das Werk, auf dessen Cover man den kahlen früheren „Kronprinzen Wilders“ mit Bart sieht, ist gerade erschienen. Es heißt: „Abtrünniger. Vom Christentum zum Islam in Zeiten von Säkularisierung und Terror“.

Rechtspopulist Geert Wilders kommentierte van Klaverens Schritt so: „Das ist, als ginge ein Vegetarier im Schlachthof arbeiten.“ Sein früherer PVV-Kollege Arnoud van Doorn, ebenfalls inzwischen Muslim, bot van Klaveren jedoch an, kurzfristig eine Pilgerfahrt für ihn zu organisieren.

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4 Kommentare

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  • Sehr spannend - da lehnen zu viele etwas ab, ohne es im Ansatz zu kennen (sie kennen nur die hässliche Fratze des angeblich religiös motivierten Terrors, der den Islam aber nur missbraucht), weil es irgendwie fremd ist und anngeblich anders.

    Dann beschäftigen sich die Leute damit - und siehe da, es ist weder sehr fremd noch so viel anders.

    Da gab es doch mal diese Fussgängerzonenumfrage mit fiesen Zitaten aus einem schwarzen Buch, angeblich der Koran, die meisten dann:"huuuuch, wie grausam, wie kann man nur...!". Aber dann war's die Bibel.

  • Ist denn das "Marokkaner Problem" ein Moslem Problem? So wie Frauen antanzen ein Tanzlehrerproblem ist?



    Ob das weiterhilft wenn derlei Text beim natürlich korrekt aufgeklärten TAZ Leser Vorurteile stärkt und Häme produziert?



    So kommen wir zu nix. Langsam eh egal!

    • @Tom Farmer:

      Das ist missverständlich.

      Der Autor hat das auch in Anführungsstriche gesetzt, soweit ich sehe. Das "Marokkaans probleem" ist eher in den NL ein eher feststehender Begriff, der sich durch die hohe Anzahl von Marokkanern ableitet. Die sind einfach als Gruppe ausgesucht worden, um alle Probleme, die irgendwelche Niederländern Allochthonen in den Niederland haben, darzustellen.

  • 7G
    70023 (Profil gelöscht)

    Wann konvertiert Geert Wilders?