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Rechtspopulismus in EuropaSchimpfen auf Roger Köppel

Ist die Schweiz ein Vorbild für die Rechtspopulisten in Europa? Neben anderen konfrontiert Gregor Gysi den Chef der Weltwoche auf dem taz.lab.

Auf dem Podium (von links): Gregor Gysi, Stefan Reinecke, Alexander Graf Lambsdorff, Roger Köppel. Bild: David Olivera

BERLIN taz | Irgendwann reicht es. Der ältere Herr mit Halbglatze, der sich schon eine ganze Weile lautstark aus der ersten Reihe bemerkbar gemacht hatte, springt auf und verlässt, weiter leise vor sich hinschimpfend, das Auditorium.

Auf dem Podium arbeiten sich derweil Linksfraktion-Chef Gregor Gysi, FDP-Europaparlamentarier Alexander Graf Lambsdorff und Moderator Stefan Reinecke an Roger Köppel ab, Chefredakteur und Inhaber der Schweizer Weltwoche. Thema der Podiumsdiskussion: "Vorbild Schweiz - Zerstören Rechtspopulisten die EU?"

Dabei hatte es eigentlich ganz gut angefangen: Das Podium beschäftigte sich mit der Frage, wie sich der zu erwartende Erfolg der Rechtspopulisten bei der anstehenden Wahl zum Europaparlament erklären lässt, und ob Volksentscheide nach dem Vorbild der Schweiz Segen sind oder Fluch. Der Ton bis hierhin war kritisch, aber nicht polemisch.

Dann klären sich die Fronten aber doch recht schnell. Gysi und Graf Lambsdorff kritisieren den Volksentscheid in der Schweiz, die Personen-Freizügigkeit mit der EU einzuschränken; Köppel sieht darin nicht mehr als eine rationale wirtschaftspolitische Entscheidung. Gysi und Lambsdorff rügen den Volksentscheid zum Minarett-Verbot; Köppel lobt das als Teile einer offenen Diskussionskultur in der Schweiz, die brennende Asylbewerberheime wie in Deutschland oder Frankreich verhindern helfe. Und spätestens als es um das schon berüchtigte Titelbild der Weltwoche geht, das ein Roma-Kind mit Pistole zeigt, lassen Gysi und Lambsdorff in ihrer Ablehnung nichts an Deutlichkeit vermissen – was Roger Köppel nicht daran hinderte, die journalistische Aufklärungsarbeit hinter dem Titelbild hervorzuheben.

Die Reaktionen der Zuhörer ist eindeutig: Sie murren, sie belustigen sich über manche von Köppels Einlassungen, und als es um das Titelbild mit Roma-Kind geht, da wird aus dem Gemurre ein wütendes Schimpfen. Ob die Diskussion eine der beiden Seiten weiter gebracht hat, daran sind Zweifel erlaubt. Deshalb sei zum Schluss noch die Anekdote erwähnt, die Gregor Gysi zu Beginn Diskussion erzählt: wie er einmal fälschlicherweise bei einer Wahlveranstaltung der NPD gelandet war, und wie er es sich nicht nehmen hat lassen, dem Publikum ein paar kritische Fragen zu ihren wirtschaftspolitische Vorstellungen zu stellen, bevor er die Veranstaltung auf Anraten seines Fahrers schnell wieder verlassen hat.

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5 Kommentare

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  • Ich schätze den Schweizer Minarettstreit und sein Ergebnis nicht. Es diskriminiert die islamische Minderheit. Aber es hat demokratisch legitimierte Volksentscheide gegeben, und in den meisten Kantonen wollte es die Mehrheit der Schweizer/innen so. Es ist ein Zeichen von schlechten Verlierern, diese Entscheidungen juristisch oder politisch abzuwerten. Sie sind schlichtweg ein Zeichen der direkten Demokratie in der Schweiz. Im Zweifelsfall ist mir der Populismus das geringere Übel, verglichen mit der Volksbeschimpfung von oben.

  • gut, dass der sinnvolle outcome dieses events in frage gestellt wird, aus dem ich am ende geladen ging.

    bei diesem sensiblen thema finde ich eine andere - zeitgemäße und der sache entsprechende -  dikussionskultur schlicht pflicht!

    geht es nicht darum, andere wege zu finden!?

  • Du glückliche Schweiz! Du hast wenigstens einen Roger Köppel der nicht im links/grünen Mainstream - Journalismus mit schwimmt.

  • A
    ama.dablam

    Was nehme ich aus diesem Artikel mit?

     

    1. Gysi hat einen Fahrer (sic!)

    2. Auch mit Fahrer fehlt ihm die Orientierung

    • @ama.dablam:

      Und Gysi konnte nur auf den zweiten Blick Linke und NPD unterscheiden.