piwik no script img

Rechtsmotivierte StraftatenMehr rechte Angriffe in Sachsen

Im Jahr 2018 gab es 38 Prozent mehr rassistische und rechtsmotivierte Angriffe in Sachsen. Das hat auch mit den Ereignissen in Chemnitz zu tun.

In Chemnitz war der Anstieg besonders hoch. Auch im Stadtbild zeigen sich dort Rechtspopulisten Foto: dpa

Berlin taz | Die Anzahl der rassistischen und rechtsmotivierten Angriffe in Sachsen ist im vergangenen Jahr wieder angestiegen. Die Opferberatungsstellen zählten 317 Angriffe mit insgesamt 481 Betroffenen. Das sind 38 Prozent mehr als im Vorjahr, wie die Regionale Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie Sachsen, kurz RAA, mitteilte. 2015 und 2016 war die Anzahl noch höher.

Die schwerwiegendste Tat: Die Tötung des 27-jährigen Christopher W. im April in Aue. W. sei aufgrund seiner sexuellen Orientierung angegriffen worden, so die RAA. Die drei Täter, die aus der rechten Szene stammen und derzeit vor Gericht stehen, hätten ihn mehrfach als „Schwuchtel“ beschimpft.

Außerdem zählten die Opferberatungsstellen 223 Körperverletzungen, 79 Nötigungen und Bedrohungen und fünf Brandstiftungen, darunter auf ein Restaurant in Chemnitz. 208 der Taten seien rassistisch motiviert gewesen, so die RAA.

Der Anstieg der Angriffe geht insbesondere auf die Ereignisse im vergangenen Sommer in Chemnitz zurück. Nachdem ein Mann mutmaßlich von Geflüchteten getötet worden war, hatten AfD und Pro Chemnitz gemeinsam mit Pegida und Neonazis demonstriert, die Hetze gegen Geflüchtete und MigrantInnen spitzte sich zu, die Stimmung in der Stadt eskalierte.

Anzahl der Angriffe in Chemnitz vervierfacht

Im vergangenen Jahr vervierfachte sich die Anzahl der Angriffe in Chemnitz, der Großteil der Taten wurde während oder im Nachgang der Ereignisse im Sommer begangen. Weitere regionale Schwerpunkte waren Dresden und Leipzig, wo jeweils 60 Angriffe verübt wurden.

Die Zahlen der RAA weichen von denen der Polizei ab. Die Gründe: Laut RAA wurde bei nur drei Vierteln der Fälle Anzeige erstattet. Zudem bewertet die Polizei manche davon anders als die Opferberatungsstellen. 241 der Fälle, so die RAA, seien polizeibekannt, 154 von diesen wurden offiziell als politisch motivierte Kriminalität von rechts eingestuft. Vor wenigen Tagen erst war bekannt geworden, dass auch antisemitisch motivierte Straftaten in Sachsen deutlich zugenommen haben.

Auch Opferberatungsstellen in anderen östlichen Bundesländern haben in den vergangenen Tagen Zahlen präsentiert. Demnach haben die Angriffe in Berlin (309 Fälle) im Vergleich zu 2017 zugenommen, in Brandenburg ist ihre Anzahl etwa gleich geblieben (174 Fälle), in Mecklenburg-Vorpommern ist sie leicht rückläufig (96 Fälle). Dort aber wird gewarnt, die Attacken würden immer enthemmter.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Das hätte ich ja nie gedacht: So ein friedfertiges und nettes, fremdenfreundliches Volk (gegenüber Thailändern z.B.), das ja wirklich keinen Grund für rassistische und rechtsmotivierte Angriffe hat, weil sich außer ein paar Thüringern ja sowieso kein Fremder nach Sachsen traut, macht jetzt nach den Friedensmärschen von Pegida eine solche Entwicklung.



    Sachsen, die Heimat von zahllosen Künstlern und großen Schriftstellern so am Abgrund? Ein Volk mit 2 Gesichtern: Innen freundlich, außen feindlich.

  • Ach IM Kahane von der RAA? :-) Ich halte die Zahlen für wenig belastbar. Frau Kahane wird sich doch nicht selbst das Wasser abgraben

  • ... so ein nettes "Volk" diese Sachsen. *sarcasm OFF*

    • @Laughin Man:

      Kollektivschuld - das Lieblings"argument" des Fremdenfeindes.



      Sie sind keinen Deut besser