Rechtsgutachten: Versprochen ist versprochen
Berlin ist verpflichtet, die Zuständigkeit für die Flüchtlinge von Oranienplatz und Hauptmann-Schule von anderen Bundesländern zu übernehmen.

Auf ins Ungewisse: Flüchtlinge verlassen die Gerhart-Hauptmann-Schule Bild: Thomas Peter, Reuters
Die Integrationsbeauftragte Monika Lüke hat ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das Innensenator Frank Henkel (CDU) widerspricht: Zusagen des Senats an die Flüchtlinge von Oranienplatz und Gerhart-Hauptmann-Schule sind sehr wohl verbindlich, lautet die Schlussfolgerung des Gutachters Andreas Fischer-Lescano, Juraprofessor an der Universität Bremen.
Viele Flüchtlinge waren ursprünglich in einem anderen Bundesland registriert, bevor sie zum Protestcamp auf dem Oranienplatz oder zur Gerhart-Hauptmann-Schule kamen. Dabei sind Flüchtlinge eigentlich verpflichtet, in ihrem Bundesland zu bleiben. Doch Berlin kann die Zuständigkeit für sie übernehmen. In dem „large:Einigungspapier“ zwischen Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) und Flüchtlingsvertretern wurde eine „umfassende Prüfung der Einzelfallverfahren“ auch in Hinblick auf „Anträge auf Umverteilung“ von einem anderen Bundesland nach Berlin zugesagt.
Henkel schrieb im April in einem Brief an die Innenminister der anderen Bundesländer und des Bundes: Es sei keinesfalls so, dass Berlin „einer länderübergreifenden Verteilung faktisch zugestimmt hätte. Vielmehr wird nach den auch sonst üblichen Kriterien einzelfallbezogen entschieden werden“.
Der taz veröffentlicht an dieser Stelle exklusiv das Gutachten von Fischer-Lescano für die Integrationsbeauftragte Lüke, das zu einem anderen Schluss kommt: Die Flüchtlinge haben einen verbindlichen Rechtsanspruch darauf, dass das Land Berlin die Zuständigkeit für sie übernimmt. Dieser Anspruch ergibt sich für einige Gruppen der Flüchtlinge aus dem Inhalt des Einigungspapiers, für andere auch daraus, dass die Flüchtlinge schon so lange in Berlin geduldet wurden.
Die endgültige Entscheidung darüber, wie verbindlich die Zusagen sind, fällen allerdings weder der Innensenator noch ein Gutachter, sondern Richter. Wenn der Senat sich nicht an seine Zusagen hält, müssen die Flüchtlinge vor dem Verwaltungsgericht klagen.
Leser*innenkommentare
Stefan Mustermann
" Zusagen des Senats an die Flüchtlinge von Oranienplatz und Gerhart-Hauptmann-Schule sind sehr wohl verbindlich, lautet die Schlussfolgerung des Gutachters Andreas Fischer-Lescano, Juraprofessor an der Universität Bremen".
DANKE an DIE TAZ dafür. Man muss nur unabhängige Professoren finden, die kein Eigen- oder politisches Interesse hätten, subjektiv zu urteilen. So könnte man sehr viel Wahrheit herausfinden, ohne Edvard Snowden sein zu müssen. Journalisten haben sehr viel Macht, um für die Gerechtigkeit und Demokratie zu sorgen, wo es Bedarf besteht.
Tupaq
Woraus schleissen sie, dass Fischer-L unabhängig ist?
Wenn man sich seine Vita ansieht, dann ist das doch eher das Gegenteil eines neutralen Gutachters. Ebenso würde ein von Philipp Morris beiauftragter Jurist begutachten, dass Rauchen sehr gesund ist..
christine rölke-sommer
vielleicht doch erst mal lesen?
http://s3.documentcloud.org/documents/1208290/rechtliche-situation-der-fluchtlinge-am.pdf
und dann die autoren - nähere angaben s.4 der pdf - beschimpfen?
oder es besser sein lassen. denn die haben ja nahezu akribisch herausgearbeitet, inwieweit das sog. einigungspapier verbindlichkeit=selbstbindung entfaltet. und inwieweit nicht.
christine rölke-sommer
der link zum gutachten funzt nicht!
reparatur möglich?
christine rölke-sommer
@christine rölke-sommer auch bei einigungspapier und Henkel-brief: nothing found!
christine rölke-sommer
die links funzen nun (seit gestern abend schon)
nun könnte also nach lektüre eine diskussion beginnen...