Kommentar: Rechtsfreier Raum
■ Im Knast gelten eigene Gesetze
Im Bremer Knast werden zwei Männer von Mithäftlingen brutal zusammengeschlagen und mit einer Eisenstange traktiert. Schwerverletzt müssen die U-Häftlinge ins Krankenhaus. Der Verdacht steht im Raum, daß ein Schließer die Tür geöffnet haben soll, um den Häftlingen die Tat zu ermöglichen. Ein Justizskandal ersten Ranges. Doch Anstaltsleiter Hoff, ein ehemaliger Staatsanwalt, zuckt mit den Achseln: In Bremens Knästen kriegen mutmaßliche Sexualstraftäter nunmal Dresche. Das ist einfach so.
Eine zynische Haltung. Sie heißt nichts anderes, daß das grundgesetzliche Recht auf körperliche Unversehrtheit in Bremens Knästen mit Füßen getreten wird. Auch von seiner besonderen Fürsorgepflicht gegenüber den Häftlingen hat Hoff offenbar noch nie etwas gehört. Und die Krönung: Anstatt den Vorfall aufzuklären, um zu sehen welche Vorkehrung zukünftig getroffen werden können, verwendet Hoff viel Zeit darauf, die Geschichte zu vertuschen.
Das es auch anders geht, zeigt das Beispiel aus Hamburg. Es drängt sich also die Frage auf, warum in Bremen die rauhen Sitten der Häftlinge zur Tagesorgung geworden sind: Weil die Verantwortlichen wegschauen, weil Ihnen das Leben mutmaßlicher Straftäter nichts wert ist, weil sie die Prügelstrafe wieder einführen möchten. Der Knast Oslebshausen ist als rechtsfreier Raum entlarvt, und zwar mit dem Segen des Anstaltsleiters. Kerstin Schneider
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