Rechtsextremismus: Rechter obsiegt bei Gericht
Gemeinde darf Nutzung eines Lokals durch einen Rechtsextremen nicht verbieten. Jedenfalls nicht, solange sie den Eigner nicht angehört hat, sagen die Richter.
HAMBURG taz | Der Traum vom "Clubhaus" schien für den Rocker und Rechtsextremen Sebastian Stöber geplatzt. Denn in der niedersächsischen Gemeinde Hollern-Twielenfleth hatte Stöber, der die Kluft des Rockerclubs "Gremium MC" trägt, zwar das einstige Ausflugslokal "Zur Symphonie" ersteigert. Der Landkreis Stade erließ dann aber ein "sofortiges Nutzungsverbot". Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat das Verbot jetzt aufgehoben. "In dem Eilverfahren wurde der Beschwerde des Besitzers gefolgt", sagt Sprecher Sven-Marcus Süllow.
Mit dem Beschluss des OVG zu der von Stöber für rund 115.000 Euro erworbenen Immobilie, scheint keiner der Zuständigen gerechnet zu haben. Dabei sind die Gründe rein formaler Natur: "Der Landkreis hat den Besitzer nicht angehört", erklärt Süllow. Man habe folglich offiziell nicht wissen können, welche Baumaßnahmen geplant seien, und eigentlich keinen Grund für ein Verbot gehabt.
Nun stellt sich die Frage, ob der Landkreis aus Sorge, dass Stöber einen Treff für Rocker und Rechtsextreme eröffnen könnte, überstürzt gehandelt hat. "Nein", sagt der Erste Kreisrat Eckart Lantz. Eine Anhörung sei eine "Sollvorschrift". Es gebe aber auch Ausnahmen.
Dabei habe die Gemeinde sogar mit dem niedersächsischen Innenministerium gemeinsam überlegt, wie man die Nutzung des Gebäudes als Rechtsextremen-Treff unterbinden könne, sagt Lantz. Das Ministerium in Hannover indes streitet ab, einen Formfehler begangen zu haben. "Die Fehler liegen allein in der baurechtlichen Bewertung durch den Landkreis", sagt Ministeriumssprecherin Vera Wucherpfennig. Der Immobilienbeauftragte des Innenministeriums habe die Gemeinde "rein fachlich, was den Extremismus angeht", beraten. Dieser Experte, sagt Wucherpfennig, "formuliert nicht die Anträge" fürs Gericht.
Das Urteil des OVG sei aber noch nicht so entscheidend, findet Lantz. "Wir gehen nach wie vor davon aus, dass eine Nutzung des Geländes illegal ist, weil eine entsprechende Genehmigung nicht vorliegt. Die noch ausstehende Hauptverhandlung werde über die Nutzung entscheiden.
Die Spielräume für Stöber, der für die NPD zur Bundestagswahl antrat und eng mit der Kameradschaftsszene befreundet ist, sind allerdings größer geworden. Den möglichen Kauf durch die Gemeinde, die schon mit ihm verhandelte, hat das Urteil wohl erschwert und den Preis hochgetrieben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!