Rechtsextremismus in Rumänien: Lobeshymnen auf Kriegsverbrecher
Der Parlamentsabgeordnete Sorin Lavric fällt wieder durch pro-faschistische Reden auf. Als einziger reagiert ein Vertreter der jüdischen Minderheit.

Lavric (53) sitzt seit Dezember als Abgeordneter der rechtsradikalen Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR) im Senat, dem Oberhaus des rumänischen Parlaments. In dieser Eigenschaft hielt er mehrere politische Ansprachen, in denen er Kriegsverbrecher und rumänische Faschisten glorifizierte.
In seinen Reden bezeichnete er den als Kriegsverbrecher verurteilten Unterstaatsekretär Mircea Vulcănescu als einen Märtyrer des kommunistischen Regimes und christlichen Blutzeugen. Vulcănescu, der 1952 in der Haft starb, gehörte der Regierung des Hitlerverbündeten Ion Antonescu an und war maßgeblich an der praktischen Umsetzung der antisemitischen Gesetzgebung beteiligt.
In einer weiteren Ansprache bezog sich Lavric auf Valeriu Gafencu, ein ehemaliges Mitglied der rumänischen Faschistenbewegung, der sogenannten Legion des Erzengels Michael (auch noch als Eiserne Garde bekannt). Der ebenfalls 1952 im Gefängnis verstorbene Gafencu wurde von dem Senator als „Gefängnisheiliger“ und als nachahmenswertes Beispiel christlicher Nächstenliebe gewürdigt.
Kein Widerspruch
In seiner Stellungnahme bedauerte das Elie-Wiesel-Institut, dass kein einziger Parlamentarier Lavric widersprochen habe. Im Gegenteil: Ein Abgeordneter der mitregierenden National-Liberalen Partei (PNL), Daniel Gheorghe, habe Lavric Schützenhilfe geleistet und die Würdigung eines Kriegsverbrechers begrüßt.
Mit Empörung reagierte lediglich der Abgeordnete Silviu Vexler, der die jüdische Minderheit im Parlament vertritt. Vexler forderte seine Kollegen zu einem verantwortungsvollen Umgang mit den Opfern des Holocaust auf. Die Anwesenden hüllten sich in Schweigen. Die einzige Antwort auf diesen mahnenden Zwischenruf kam von Lavric. Im Tonfall antisemitischer Unterstellungen entgegnete er Vexler wörtlich: „Hier ist Rumänien, hier ist nicht der Gazastreifen“.
Die Vorkommnisse im Parlament sind für rechtsradikale Publikationen und Splittergruppen ein gefundenes Fressen. Lavric, heißt es überheblich in der Gazette „Incorect Politic“, „ehrt das Opfer der Legionäre und zeigt, dass Juden die wahren Feinde Rumäniens sind“.
Der vormals als Philosophiedozent an der Bukarester Universität und als Lektor eines renommierten Verlags tätige Lavric verbreitet seit Jahren ungestört seine frauenfeindlichen, geschichtsrevisionistischen, homophoben, rassistischen und antisemitischen Ansichten. Nun kündigte er forsch an, den Zyklus seiner „politischen Reden“ im Parlament fortzusetzen.
Auf seiner Agenda stehen demnächst zwei weitere „Opfer“, ein Dichter, der insbesondere durch seine Legionärshymnen bekannt geworden war und ein orthodoxer Metropolit, der während des Holocaust in dem von den rumänischen Truppen besetzten Odessa residierte.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!