Rechtsextremer Verein HNG: Razzia bei brauner Hilfe
Die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene" (HNG) kümmert sich seit 1979 um inhaftierte Holocaustleugner und Rechtsterroristen. Jetzt könnte der Verein verboten werden.
Die Polizei hat am Dienstag in neun Bundesländern Wohnungen von Funktionären und Anhängern der neonazistischen "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige" (HNG) durchsucht. Schwerpunkte der Razzia waren Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. Dabei wurden zahlreiche Unterlagen und Computer beschlagnahmt. Das Bundesinnenministerium prüft nun ein Verbot des Vereins.
Die HNG gilt mit rund 600 Mitgliedern als größte neonazistische Vereinigung Deutschlands. Gegründet wurde sie 1979 in Frankfurt - am 20. April, Hitlers Geburtstag. Seitdem bemüht sich der Verein, braunen Kameraden während der Gefängniszeit zu helfen, materiell wie ideell. "Inhaftierte Gesinnungsgenossen sollen während ihrer Haft nicht nur in der Szene gehalten, sondern weiter zu Kämpfern gegen das System aufgebaut werden", sagte Innenstaatssekretär Klaus-Dieter Fritsche am Dienstag. Als Beispiel nannte er den vor kurzem entlassenen Rechtsterroristen Martin Wiese, der 2005 wegen eines geplanten Bombenanschlags in München verurteilt und während der Haft von der HNG unterstützt wurde. Der bayerische Verfassungsschutz rechnet damit, dass Wiese nun wieder eine aktive Rolle in der rechten Szene spielen wird.
Der Kontakt zu inhaftierten Neonazis wird über die "HNG-Nachrichten" hergestellt, die der Verein regelmäßig herausgibt. Hier bitten "Märtyrer der nationalen Sache", wie sie verurteilte Rechtsterroristen und Holocaustleugner nennen, um Briefkontakt. Die Adressen der Haftanstalten werden in einer "Gefangenenliste" bekannt gegeben. Vor Feiertagen ruft die HNG besonders auf, den Inhaftierten Briefe und Pakete zu schicken. "Gerade in dieser einsamen Zeit", heißt es, dürften die Kameraden "nicht vergessen" werden. Zudem solle man sie ermutigen, "damit sie den Glauben an unsere Sache nie verlieren".
Auf der "Gefangenenliste" der HNG standen neben dem Rechterroristen Wiese auch der NS-Verbrecher Erich Priebke und der Holcaust-Leugner Ernst Zündel. Seit Jahren bitte auch Kay Diesner über die HNG um Post. Der Neonazi verbüßt eine lebenslange Haft wegen Mordes. 1997 verletzte er einen Buchhändler aus Berlin schwer und erschoss auf seiner Flucht einen Polizisten. In den "HNG-Nachrichten" finden sich auch Briefe von den Betreuten. "Liebe Ursula, aufrechten Heilsdank" beginnen meist die Dankesschreiben für die Unterstützung und enden oft mit "volkstreuen Grüßen".
Mit Ursula ist die Rechtsextremisten Ursula Müller gemeint, die seit 1991 Vorsitzende der HNG ist. Nach taz-Informationen wurde ihr Anwesen in Mainz am Dienstag ebenfalls durchsucht. Dort hatte Müller mit ihrem Mann Curt jahrelang auch Szeneveranstaltungen ausgerichtet, laut dem rheinland-pfälzischen Verfassungsschutz handelte es sich dabei um "Sonnwend- und Hitlergeburtstagsfeiern".
Wer in der Neonaziszene etwas auf sich hält, ist Mitglied bei der HNG. Zu den Unterstützern zählen etwa Christian Worch, führender Kader der Kameradschaftsszene oder der Rechtsrockstar Michael Regener alias "Lunikoff". Auf seiner Internetseite prangt das Logo der HNG in Schwarz-Weiß-Rot: Zwei Hände die an Gitterstäbe zerren. Und von der rechtsextremen NPD erhielt die HNG-Vorsitzende Müller einst den "Nationalen Solidaritätspreis".
FDP-Innenexperte Christian Ahrendt bezeichnete den nun vom Innenministerium eingeschlagenen Kurs als "längst fällig". Er hatte bereits im vergangenen Jahr im Namen seiner Bundestagsfraktion die Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die HNG gefordert. "Die Organisation treibt mittlerweile seit über 30 Jahren ihr Unwesen und vereitelt damit gezielt die Resozialisierung von rechtsextremen Häftlingen", sagte Ahrendt am Dienstag der taz. "Wenn verurteilte Neonazis als politische Märtyrer gefeiert werden, sind die verfassungsfeindlichen Bestrebungen nicht zu leugnen."
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