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Rechtsextreme mit WaffenerlaubnisMassenweise Knarren

Fast 2.000 Reichsbürger und Rechtsextreme verfügen aktuell über die Erlaubnis, scharfe Waffen zu besitzen. Rechtsextremen wird die Erlaubnis seltener entzogen.

Schwere Geschütze: sichergestellte Waffen von Reichsbürgern im Wuppertaler Polizeipräsidium Foto: dpa

Berlin afp | Rund 1.200 Reichsbürger und 750 Rechtsextremisten haben derzeit in Deutschland eine Waffenerlaubnis und dürfen damit eine scharfe Waffe besitzen. Sie verfügen über „eine oder mehrere waffenrechtliche Erlaubnisse“, wie aus einer am Dienstag bekannt gewordenen Regierungsantwort auf eine Grünen-Anfrage hervorgeht. Von Januar bis November 2017 sei 59 Rechtsextremisten die Erlaubnis entzogen worden, heißt es in der Antwort, über die zuerst Zeit Online berichtet hatte.

Höher lag die Zahl der entzogenen waffenrechtlichen Erlaubnisse bei den sogenannten Reichsbürgern und Selbstverwaltern, wie aus der Antwort des Bundesinnenministeriums weiter hervorgeht. Seit November 2016 wurden ihnen mindestens 450 waffenrechtliche Erlaubnisse entzogen. Bei sogenannten Reichsbürgern und Selbstverwaltern bemühen sich die Behörden seit einiger Zeit, Waffen und Waffenbesitzkarten einzuziehen.

Der Grund für die hohe Anzahl an bekannten Erlaubnisinhabern sei „insbesondere die fortschreitende Aufklärung der Szene, durch die kontinuierlich neue Erlaubnisinhaber bekannt werden“. Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik nicht an und gehen davon aus, dass das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 noch existiert. Die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern stufen 18.000 Menschen als Anhänger der Bewegung ein. Einige vertreten rechtsextreme Positionen.

„Der Bewaffnungsgrad von Rechtsextremen und Reichsbürgern bleibt extrem besorgniserregend“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, zu Zeit Online. Es sei unverständlich, dass nur 59 Rechtsextremisten die waffenrechtlichen Erlaubnisse entzogen worden seien. „Was ist mit den weiteren 691 mutmaßlich bewaffneten Nazis?“, fragte Mihalic.

Aktuell nur 26 Menschen als rechte Gefährder eingestuft

Besorgt zeigte sich Mihalic auch über einen weiteren Punkt. Obwohl der Generalbundesanwalt der Regierungsantwort zufolge derzeit 14 Verfahren gegen Rechtsterroristen führt, stuften die Behörden nur wenige Menschen als rechte Gefährder ein. Anfang April lag die Zahl der als Gefährder im Bereich „Politisch motivierte Kriminalität rechts“ eingestuften Personen demnach bei 26.

Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Zahl damit auf einem neuen Höchststand. Im Vergleich zu anderen Gefährdergruppen bleibt sie aber gering.

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6 Kommentare

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  • "Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik nicht an und gehen davon aus, dass das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 noch existiert."

     

    Die Frage ist halt auf welcher Ebene das Argument gemacht wird. Staatsrechtlich seriös stellt sich natürlich die Frage nach dem Untergang und Fortbestand eines Staates, der mangels Staatsvolk und Staatsgebiet nicht mehr geschäftsfähig ist. Das ist juristische Orchideenwissenschaft. Die "Reichsbürger" machen daraus eine pseudowissenschaftlich fundierte Behauptung, nach der man gewissermaßen seinen Staat gründen könnte und diffamieren die "BRD". Es ist eine üble Sache. Tobias Ginsberg hat ein tolles Buch über seine Recherchen in der Szene geschrieben.

  • 4G
    42736 (Profil gelöscht)

    Mehrere Hundertausend Menschen in diesem Land setzen sich täglich in ihre Waffe, und nehmen sich das Recht heraus, durch ihre Fahrweise ihre Mitmenschen zu gefährden, zu bedrohen und einzuschüchtern. Damit stehen sie dem 'Helden' aus Wildwest in nichts nach. Audi statt Colt. Hier wäre ein viel dankbareres Betätigungsfeld für gesellschaftliches Engagement, nämlich, ein übermotorisiertes Fahrzeug in der Hand eines psychisch labilen und aggressiven Fahrers endlich als Waffe einzustufen, und den Fahrer an seinem Treiben zu hindern.

    Die registrierten Schußwaffen, mögen sie sich in der Hand jeglicher sozialer Gruppe befinden, sind ein sekundäres Problem. Nach meiner Einschätzung ist es das (krankhafte) Streben nach einem 'Machtgefühl', welches Waffennarren zur stolzen Betrachtung ihrer 'Sammlung' führt und ihnen dabei Erektionen beschert. Den meisten ist klar, daß nach dem ersten Mißbrauchs ihrer 'Werkzeuge' der Entzug sowie harte Konsequenzen drohen. Solche Subjekte, die mit Schußwaffen Übles vorhaben, werden _immer_ an Waffen gelangen.

    Also - Meine Meinung: Schußwaffen sind in privaten Händen unnötig. Wenn der Staat den Besitz weiter einschränkt, dann bitte ohne Ansehen der Person und dessen politischer Einstellung. Schlecht wäre das nicht.

  • 1,45 Millionen Waffenbesitzern besitzen in Deutschland ca. 5,8 Millionen Schusswaffen.

    Die Zahl illegaler Waffen wird auf 20 Millionen geschätzt. Beim Blick auf politisch motivierte Straftaten muss man den Blick wohl eher auf illegale Waffen richten.

    Weder Mundlos/ Böhnhardt noch Anis Amri oder andere Attentäter waren auf legale Waffen angewiesen.

    Keiner außer eventuell ein Selbstmordattentäter käme auf die Idee eine auf ihn eingetragene Waffe für einen Anschlag zu benutzen.

  • Schusswaffen in den Händen von Nazis sind schlimm. In den Händen von Islamfaschisten oder Linksradikalen oder Mafiamitgliedern sind sie aber auch nicht besser. Wenn man hier schon so tolle Statistiken führt, wäre die Auflistung der Bewaffung und der entzogenen Erlaubnisse für diese Gruppen aufschlussreich. Sonst ist die These "Rechtsextremen wird die Erlaubnis seltener entzogen" ziemlich angreifbar.

  • Bei sogenannten Reichsbürgern ist das Entziehen einfacher. Sie erkennen die BRD öffentlich nicht an und somit auch nicht die Waffenrechtlichen Grundlagen. Damit fehlt die Charakterliche Eignung wegen Nichtanerkennung.

     

    Bei „normalen“ Rechten ist es schwieriger. Wo keine Verurteilung, da kein Entzug.

  • Wer ein Gefährder ist oder als solcher eingeschätzt wird, ist wohl immer eine Sache des eigenen Standpunkts...

    Obwohl letztendlich ein Richter darüber entscheidet (hoffe ich zummindest) ob jemand als Gefährder geführt wird, liegen dieser Entscheidung jedoch als Grundlage die Berichte und "Beweise" der Sicherheitsorgane zugrunde. Welche, wie allbekannt ist, eine starke Beeinträchtigung der Sehschärfe auf dem rechten Auge haben. Warum das so ist….darüber könnte man spekulieren, oder sich alternativ mit dem NSU Komplex beschäftigen.