Rechtsextreme Aufmärsche zum 1. Mai: Überschaubarer Haufen
In Zwickau, Dortmund und Erfurt marschieren am 1. Mai Rechtsextreme auf. Doch es sind längst nicht so viele wie einst – und der Gegenprotest ist groß.
Der Rechte Aufmarsch wird aber schon vor Beginn von Gewalt überschattet. In Chemnitz und Glauchau greifen Neonazis teils mit Steinwürfen einen Zug mit Gegendemonstrierenden an, der von Dresden auf dem Weg nach Zwickau ist. Die Polizei rückt erst später an, nimmt nach eigener Auskunft 41 Rechtsextreme in Gewahrsam. Ein 28-jähriger Gegendemonstrant sei leicht verletzt worden.
In Zwickau selbst steckt der „III. Weg“ damit vorerst auf dem umgitterten Neumarkt fest, der im Vorfeld mit antifaschistischen Schriftzügen übersät wurde. In der Innenstadt sammelt sich der Gegenprotest, vor allem am Schwanenteichpark, wo mit Gedenkbäumen an den NSU-Rechtsterror erinnert wird.
Die Neonazis langweilen sich derweil bei Rechtsrock und Bockwurst, „III. Weg“-Chef Matthias Fischer klagt über die Auflagen. Die Versammlungsbehörde hatte der Partei ein paramilitärisches Auftreten in gleicher Kleidung und mit Fackeln verboten, nur zwei Trommeln erlaubt. Eine Lektion aus einem Aufmarsch im NS-Stil des „III. Wegs“ am 1. Mai 2019 in Plauen, der bundesweit für Schlagzeilen sorgte.
Solidarität mit ukrainischen Nationalisten
Erst mit zweieinhalbstündiger Verspätung ziehen die Neonazis los, eng begleitet von der Polizei. An mehreren Straßenecken erwartet sie Gegenprotest, direkte Konfrontationen aber bleiben aus. Aufrufe von Fischer an Anwohner, sich einzureihen, verhallen. Die Route verläuft zumeist abseits der Innenstadt. Nach einer Stunde gelangt der „III. Weg“ wieder am Neumarkt an, wo Parteiordner Medienvertreter bedrängen. Parteichef Fischer beschimpft einige von ihnen von der Bühne aus als „Dreckschweine“, die sich nur für Journalisten hielten.
Dann erklärt sich Fischer noch solidarisch mit ukrainischen Nationalisten erklärt, die momentan gegen Russland kämpften – in der rechtsextremen Szene, die weitgehend zu Putin hält, durchaus eine umstrittene Position. Der „III. Weg“ aber lässt gelb-blaue Luftballons steigen, stimmt noch ein Lied von Hans Baumann an, einst Teil der NS-Reichsjugendführung. Dann ist der Spuk vorbei. Eine „kraftvolle Demonstration“? Wohl kaum.
Die Zeit der rechtsextremen Großaufmärsche am 1. Mai scheint damit vorbei. Es hat lange Tradition, dass Neonazis den Tag auch für sich einzunehmen versuchen. In den vergangenen zwei Jahren fielen die Aufmärsche indes pandemiebedingt fast gänzlich aus. Und auch in Dortmund und Erfurt bleiben Aufzüge von Rechtsextremen am Sonntag überschaubar.
In Dortmund sind es ebenfalls rund 200 Neonazis, die sich zusammenfinden. Dort hatte ein rechtsextremes Bündnis aus der Splitterpartei „Die Rechte“, der NPD-Jugend und anderen aufgerufen – auch mit dem Slogan „1. Mai – seit 1933 arbeitsfrei“. Schon am Vorabend wollten sich in der Stadt Rechtsextreme zu einem „Fortress Europe Kongress“ treffen. Auch der Dortmunder Aufmarsch erhielt strenge Auflagen, die Rechtsextremen mussten mehrere Fahnen einrollen, um paramilitärisches Auftreten zu verhindern – erlaubt wurden nur 20 Flaggen. Und auch hier überwog der Gegenprotest. Laut Polizei versuchten einige Autonome, Polizeisperren zu durchbrechen. Die Autonomen kritisierten wiederum Polizeigewalt.
Kritik an der Polizei
In Erfurt marschierte schließlich die Kleinstpartei „Neue Stärke“ auf – und suchte den Eklat. Provokativ marschierten die Rechtsextremen über eine Regenbogenfahne. Die Aktion war der Partei im Vorfeld genehmigt worden. Auch hier gab es Gegenprotest.
In Zwickau zeigte sich das antifaschistische Bündnis von Gegendemonstrierenden mit den Protesten zufrieden, sprach von einem „starken Zeichen“. Schon im Vorfeld des „III. Weg“-Aufmarschs hatten sich Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und mehrere Bürgermeister in einem Offenen Brief gegen die Rechtsextremisten gestellt. Man dürfe die Heimat „nicht den Extremisten überlassen“ und sollte am 1. Mai ein Zeichen setzen „für Vielfalt und Offenheit“, erklärten sie.
Kritik richtete sich aber an die Polizei nach den rechtsextremen Angriffen auf die Gegendemonstrierenden im Zug. Die Linken-Innenexpertin Kerstin Köditz erklärte, dass die Polizei auf die rechtsextremen Attacken hätte vorbereitet sein müssen. Neu-Innenminister Armin Schuster (CDU) müsse hier nun „Antworten liefern“, warum dies nicht so war. Auch der Grünen-Politiker Jürgen Kasek verlangte Aufklärung und nannte die Angriffe „erwartbar und vorhersagbar“. Ein Polizeisprecher selbst erklärte, man werde gegen die Rechtsextremen nun wegen schweren Landfriedensbruchs ermitteln.
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