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Rechte Verlage bei der BuchmesseWegnehmen statt hinzufügen

Kultureinrichtungen bemühen sich um mehr Diversität. Dabei ist weniger manchmal hilfreicher als mehr.

Protest vor dem Stand des rechtsextremen Magazins Compact auf der Leipziger Buchmesse Foto: Tim Wagner/imago

K ultureinrichtungen und Verlage arbeiten auf verschiedenen Ebenen an mehr Diversität. Das müssen sie. Auch weil das Publikum sich verändert hat: Menschen mit Migrationsgeschichte, Menschen, die Rassismus oder Antisemitismus ausgesetzt sind, wollen ihre Lebensrealität in den Geschichten wiederfinden, die auf der Bühne, in Filmen und Romanen erzählt werden. Wer in Zukunft noch Tickets oder Bücher verkaufen will, wird sich dem anpassen müssen.

Es ist einfacher, für etwas zu sein als dagegen. Oft schon aus Marketinggründen. „Für Diversität“, das behauptet erst mal nur, mehr Menschen einzuladen und einzuschließen. Es heißt: „Auch du darfst dazukommen.“ „Unsere Produkte und die Tickets für unser Programm kannst auch du dir kaufen.“ Mehr Vielfalt heißt hier eben auch: viel mehr potenzielle Kundschaft.

Sich gegen etwas positionieren? Das ist komplizierter. Denn es ist einfacher und harmloser, sagen zu können: „Wir sind für alle! Wir sind nicht gegen euch. Wir sind nur einfach auch für die Anderen!“ Sich offen gegen bestimmte Haltungen zu stellen, das würde bedeuten: in die Konfrontation zu gehen. Darum werden weiter Diversitätskonzepte entwickelt, Social-Media-Posts zu jüdischen und muslimischen Feiertagen rausgehauen, Fotos von PoC möglichst präsent auf die Homepage gepackt und „Wir sind viele“-Banner über den Eingang gehängt. Regelmäßig werden neue Maßnahmen erfunden, um beispielsweise PoC zu inkludieren oder wenigstens anzusprechen.

Unbequemer Antifaschismus

Kürzlich stieß ich auf den US-Wissenschaftler Leidy Klotz. Seine Forschung zeigt, dass Menschen, wenn sie etwas verbessern wollen, dazu neigen, etwas hinzuzufügen, statt etwas wegzunehmen. Dabei führt uns das Weglassen manchmal eher zum Ziel. Es kann effektiver sein, Don’t-Dos zu finden als To-Dos. Die Autorin Jasmina Kuhnke boykottierte die Frankfurter Buchmesse 2021, weil dort auch rechte Verlage ausstellen. Weitere Au­to­r*in­nen schlossen sich dem Protest an. Kuhnke hätte sich auf der Messe nicht sicher bewegen oder gar entspannt ihre Arbeit machen können. In diesem Jahr hat die Buchmesse ein Awareness-Team aus An­ti­dis­kri­mi­nie­rungs­be­ra­te­r*in­nen aufgestellt und einen Code of Conduct „für ein wertvolles und respektvolles Miteinander“ veröffentlicht.

Der Versuch, rechten Verlagen die Plattform zu entziehen, wird nicht unternommen, denn man fürchtet den Rechtsstreit. Doch auch gerichtliche Auseinandersetzungen müssen geführt werden. Wer möchte, dass Schwarze, PoC oder jüdische Menschen Teil einer Veranstaltung sind, der muss sich keine Diversitäts- und Awareness-Programme ausdenken, sondern dafür Sorge tragen, dass für Rassismus und Antisemitismus kein Platz ist.

Unbequemer Antifaschismus ist wirkungsvoller als eine freundliche Diversitätspolitik. Das Beste, was wir „für mehr Diversität“ tun können, ist, etwas wegzunehmen. Nämlich diejenigen, die ausgrenzen.

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Simone Dede Ayivi
Simone Dede Ayivi ist Autorin und Theatermacherin. Sie studierte Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis in Hildesheim. Aktuell arbeitet sie zu den Themen Feminismus, Antirassismus, Protest- und Subkultur.
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2 Kommentare

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  • "Wer möchte, dass Schwarze, PoC oder jüdische Menschen Teil einer Veranstaltung sind, der muss sich keine Diversitäts- und Awareness-Programme ausdenken, sondern dafür Sorge tragen, dass für Rassismus und Antisemitismus kein Platz ist."

    Nein. Der Veranstalter hat Sorge zu tragen da man auf friedlicher Basis Teilnehmer dieser Veranstaltung sein kann. Dies gilt auch für Besucher von Spektren, die nicht dem aktuellen politischen Zeitgeist entsprechen. Mehr ist nicht notwendig.

    • @SeppW:

      nicht dem aktuellen politischen Zeitgeist entsprechen ist also der aktuelle Euphemismus für Hetze und offene Drohungen?



      Bei der erwähnten Autorin ging es nämlich genau darum. Sie weigerte sich mit Menschen, die offen ihr Leben bedrohten, zusammenzuarbeiten.