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Rechte Gewalt in BerlinHeimgesucht im eigenen Heim

Rechte Gewalt bleibt in Berlin auch in diesem Jahr ein Problem. Mit einer Kampagne will der Senat den Blick auf die Betroffenen lenken.

Mit Kippa im Alltag unterwegs: In Berlin noch immer nicht sicher Foto: Reuters

BERLIN taz | In Berlin-Marzahn wecken zwei Sicherheitsmitarbeiter einen in der U-Bahn schlafenden Obdachlosen und schlagen ihn brutal. An einer Supermarktkasse in Reinickendorf schubst ein Mann eine Transperson und beschimpft sie. In der Nähe des Rosenthaler Platzes wird ein junger Mann angegriffen, begleitet von antisemitischen Sprüchen.

All diese Vorfälle haben sich in Berlin in den vergangenen drei Monaten ereignet. Und sie zeigen, wie alltäglich rechte, rassistische, antisemitische, homo- und transfeindliche Gewalt für viele Menschen ist. Dies abzubilden ist das Ziel einer berlinweiten Plakat- und Social-Media-Kampagne der Amadeu Antonio Stiftung, die mit 60.000 Euro vom Senat finanziert wird. „Wir wollen damit Partei ergreifen für die Opfer rechter Gewalt“, sagt Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) am Montag auf der Pressekonferenz zum Startschuss der Kampagne.

Ein Plakat zeigt eine idyllische Reihenhaussiedlung, darunter steht: „Die einen können hier einfach daheim sein. Die anderen werden heimgesucht.“ Während die meisten Angriffe im öffentlichen Raum geschähen, ziele rassistische Gewalt oft auf das Zuhause der Menschen ab, sagt Kati Becker vom Register Berlin, das rechtsextreme und diskriminierende Vorfälle dokumentiert.

Mo Asumang fühlt sich besonders von diesem Plakat angesprochen. Die Autorin und Trägerin des Berliner Verdienstordens hat selbst Morddrohungen von Neonazis erhalten. Danach saß sie jahrelang nicht mehr am Fenster ihrer Wohnung: „Der Lieblingsplatz war plötzlich tabu. Jedes Fenster war eine potentielle Gefahr.“

Zahlen dazu hat das Register Berlin dokumentiert. Im vergangenen Jahr hat es demnach insgesamt 2.800 solcher Vorfälle gegeben, fast acht pro Tag. Dies beinhaltet auch Delikte wie Hakenkreuzschmierereien. Um die zehn Prozent der Vorfälle sind tatsächliche Angriffe, 60 Prozent Drohungen und Ähnliches.

Immer öfter greifen Menschen ein

Ziel der Kampagne ist es auch, Spenden für den Opferfonds Rechte Gewalt, Cura, zu generieren

Zwar sei rechte Gewalt 2018 leicht zurückgegangen, die Zahl bleibe aber auf einem hohen Niveau. Hinzu komme die hohe Dunkelziffer, sagt Kati Becker. „Menschen, die Rassismus erfahren, gehen in den seltensten Fällen zur Polizei.“ Außerdem seien vermehrt nationalsozialistische Symbole aufgetaucht. „Es wird alltäglich, Symbole wie den Hitlergruß im öffentlichen Raum zu nutzen“, sagt Becker. Einen Lichtblick gebe es aber: Immer mehr Menschen würden bei rassistischer Hetze eingreifen. „Ich hoffe, die Kampagne leistet hierzu einen Beitrag.“

Ziel der Kampagne ist es auch, Spenden für den Opferfonds Rechte Gewalt, Cura, zu generieren. Der seit 2004 existierende Fonds will Betroffenen schnelle finanzielle Hilfe leisten, etwa wenn sie umziehen müssen, weil die eigene Wohnung nicht mehr sicher ist, oder nach einem Übergriff eine neue Brille brauchen, erklärt Anetta Kahane von der Amadeu Antonio Stiftung.

Zudem soll die Kampagne den Fokus auf die Betroffenen lenken: „In Deutschland gibt es eine Kultur, die sich auf die Täter fokussiert und sie unbedingt verstehen will“, kritisiert Kahane. Asumang wünscht sich, dass die Gesellschaft vielmehr „gemeinschaftlich die Opfer in den Arm nimmt“.

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