piwik no script img

Reaktionen auf Stuttgart-21-Weiterbau„Etwas ernüchterte“ Parkschützer

Wer die Mehrkosten von Stuttgart 21 am Ende finanziert, ist noch nicht entschieden. Möglicherweise treffen sich Bahn und Projektpartner bald vor Gericht.

Glaubensfragen. Bild: dpa

STUTTGART taz | Für die baden-württembergischen Grünen ist auch nach der Entscheidung des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn die Zukunft von Stuttgart 21 nicht gesichert. „Die Finanzierungsfrage und die Vertrauenskrise ist damit noch nicht geklärt“, sagte der Grünen-Vorsitzende Chris Kühn der taz. „Heute wurde zwar etwas beschlossen, aber nichts gelöst.“

Bislang haben die Projektpartner stets betont, sie würden keine Mehrkosten übernehmen, und dabei wollen die Grünen bleiben. „Für uns gilt weiterhin der Kostendeckel, und wir werden keinen Cent mehr bezahlen.“ Damit könnte es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die sogenannte Sprechklausel kommen. Die sieht vor, dass die Projektpartner miteinander reden, wenn die Kosten 4,5 Milliarden Euro übersteigen.

Die Bahn hatte bereits angekündigt, notfalls vor den Kadi zu ziehen: Sie interpretiert die Klausel so, dass die Partner auch in diesem Fall dazu verpflichtet wären, mehr zu zahlen. „Einer möglichen Klage blicken wir gelassen entgegen“, sagte Kühn. Die Opposition begrüßte die Entscheidung am Dienstag erwartungsgemäß.

Die Deutsche Bahn AG habe ihre Haltung klargemacht, das erwarte die FDP nun auch von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), hieß es. „Das Schwadronieren über mögliche Um- oder Ausstiegsszenarien muss endlich aufhören“, sagte die FDP-Landesvorsitzende Birgit Homburger.

Gespräche über Alternativen

Kretschmann hatte vor der Aufsichtsratssitzung für Aufsehen gesorgt. In einem Antwortschreiben an Aufsichtsratsmitglieder hatte er auf die Frage nach der Haltung seiner Regierung geschrieben, dass sie grundsätzlich zu „konstruktiven“ Gesprächen über Alternativen bereit sei. Die Debatte müsse allerdings vonseiten der Bahn eröffnet werden.

Überrascht und verärgert haben Vertreter der S-21-Bewegung auf die Entscheidung des Aufsichtsrats reagiert. „Ich bin etwas ernüchtert“, sagte der Sprecher der Stuttgarter Parkschützer, Matthias von Herrmann. Er habe mit einer Verschiebung der Entscheidung gerechnet, um die Prüfung des Bundesrechnungshofs abzuwarten.

„Das nicht abzuwarten, finde ich schon fahrlässig.“ Dass nun teurere Tickets verkauft oder Löhne für Mitarbeiter gekürzt werden müssten, damit S 21 gebaut werden kann, sei ein „Armutszeugnis“. Die Proteste sollen weitergehen. Von Herrmann sagt weiter: „Das Thema wird im Wahlkampf eine Rolle spielen. Mal gucken, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel das politisch überlebt.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • HS
    Hari Seldon

    @berliner bürger

     

    Die freiwerdenden Grundstücke sind schon jetzt im Besitz der Stadt Stuttgart, und werden in eine Stiftung eingebracht. Falls jemand hier mit diesen Grundstücken Geld verdienen wird, wird die Stadt Stuttgart Geld verdienen.

  • P
    PeterWolf

    Wie kann man als Aufsichtsrat der DB den Weiterbau genehmigen unter der Voraussetzung, eine Klage gegen Stuttgart und BW wäre erfolgreich?

    Was denn, wenn nicht?

    Einfach als Monopolist die Kunden zur Kasse bitten, wie Ramsauer gerade vorschlägt?

    Gibt es im Aufsichtsrat der DB wirklich niemanden mit "Eiern in der Hose"?

    Konsequenterweise müssen alle Ja-Stimmer mit Schadensersatzklagen zur Rechenschaft gezogen werden. Aber wer darf klagen?

    Ist ja noch im 100% Besitz des Bundes.

    Bleibt nur die Abrechnung bei der nächsten Bundestagswahl mit CDUSPDFDP.

  • BB
    Berliner Bürger

    @Stuttgarter Bürger;)

    Die einen agieren mit der Wahrheit, die anderen kämpfen mit der Grammatik, was? Zehn Prozent des Parks verschwinden (Ihre Zahlen!), das ist aber doch kein "verschwindent kleiner Teil", oder? Ach lesen Sie doch Ihre Beiträge vor dem Posten noch mal durch. Wenn Sie schon andere Lügner heissen, dann tun Sie das doch wenigstens in ganzen Sätzen.

     

    @taz

    Hey taz, können wir bitte mal eine Liste haben, wer an den freiwerdenden Grundstücken in der Stuttgarter Innenstadt (also wenn der Bahnhof mal "versenkt" ist) verdient und wieviel Geld davon tatsächlich in die Kasse für den Bahnhofsbau fliesst? Und was macht eigentlich der Prozess vom Herrn Mappus?

  • H
    Hajo

    Ich finde, man sollte schon korrekt formulieren, wenn man öffentlich kommentiert:

    NICHT Grün-Rot hat die Bäume fällen lassen - das war die Bauherrin Bahn. Bestenfalls könnte man sagen, die Bäume wurden während einer Grün-Roten Landesregierung gefällt - aber was sagt das? Die Bäume wären unter jeder Regierung gefallen (erst recht unter Mappus, dem wir neben anderen den 'schwarzen Donnerstag' zu verdanken haben!)

    Der Schloßpark war nicht nur einst beliebt - er ist es auch heute noch...zumindest das, was von ihm übrig ist.

    Der Schloßpark wurde im Bereich des Bahnhofs tatsächlich massiv zerstört - es macht wenig Sinn, das in Relation zum gesamten Schloßgarten zu setzen. So gesehen kann man nahezu alles relativieren. Aber was hilft das?

    Wäre es nicht sinnvoller, anstatt Meinungen halb-bis unwahr formuliert herumzuposaunen, sich auf das, was jetzt zu tun ist zu konzentrieren? Nämlich der Regierung Merkel ihre Grenzen aufzuzeigen indem Das Thema S21 und Geldvernichtung in den Wahlkampf getragen wird.

  • SB
    Stuttgarter Bürger

    @Berliner Schwabe wie mir scheint waren sie seit ewigkeiten oder auch noch nie in Stuttgart denn dann wüssten sie das es sich nur um einen verschwindent kleinen Teil des Schlossgarten handelt auf dem die Bäume gefällt wurden.

    Der Schlossgarten an sich ist nach wie vor schön mit Bäumen bewachsen und man herrlich darin relaxen und sich erholen.

    Der gesammte Schlossgarten umfasst 61 Hektar und auf 6,3 Hektar wurden die Bäume gefällt. So und jetzt zeigt wieder einmal mehr das die Bahnhofsgegner nur mit unwahrheiten agieren.

  • E
    ernst

    Wenn hier von seiten der geehrten Frau Homburger von schwadronieren geredet wird, möge Sie sich doch bitte mal an die eigene Nase fassen. Ihre Performance ist ja fast schon der landeseigenen FDP peinlich.

  • BS
    Berliner Schwabe

    Die ParkschützerInnen sind auch deshalb "ernüchtert", weil ausgerechnet Grün - Rot in Stuttgart die Bäume im einst beliebten Stuttgarter Schlosspark fällen ließ.

     

    Der ehemals schöne innerstädtische Park ist heute nur noch eine hässliche Schlammwüste ohne die ökologisch wertvollen Bäume.

     

    Schönen Dank auch, Herr Kretschmann, erster pseudo-grüner Ministerpräsident. Das hatte nicht mal Vorgänger Mappus (CDU) gewagt.