piwik no script img

Reaktionen auf SpionageaffäreSchweigen und kooperieren

Die CIA soll beim Anwerben des Agenten mitgeholfen haben. Dies sei, einem Regierungsbeamten zufolge, autorisiert gewesen. Die USA wollen sich nicht äußern.

Wer da wohl noch so rumläuft: BND-Zentrale in Berlin. Bild: dpa

BERLIN/WASHINGTON dpa/afp | Der US-Geheimdienst CIA hat einem Medienbericht zufolge beim Anwerben des Spions im Bundesnachrichtendienst (BND) mitgeholfen. Es handele sich um eine autorisierte Aktion, mit der man mehr über die Abläufe der Bundesregierung in Erfahrung bringen wollte, berichtete der Sender CBS News unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten Regierungsbeamten. Es werde damit gerechnet, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel in Bälde von US-Seite darüber informiert werde.

Außerdem hat die USA Deutschland ihre Kooperation bei der Aufklärung der Affäre um den mutmaßlichen Doppelagenten beim Bundesnachrichtendienst (BND) angeboten. „Wir werden mit den Deutschen zusammenarbeiten, um diese Situation angemessen zu lösen“, sagte der Sprecher von Präsident Barack Obama, Josh Earnest, in Washington. Zu dem Vorwurf, dass ein BND-Agent im Auftrag der USA spioniert habe, wollte sich Earnest aber nicht konkret äußern.

In Deutschland bahnt sich derweil in der großen Koalition eine Debatte an, ob der Bundesnachrichtendienst (BND) als Reaktion auf die US-Spionage in Deutschland selbst sein Tätigkeitsfeld ausweiten sollte. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte in einer internen Runde bereits von der dringenden Notwendigkeit gesprochen, einen „360-Grad-Blick“ zu erlangen.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Andreas Schockenhoff (CDU), ist entschieden für eine Erweiterung des BND-Auftrags auf die USA. Er sagte den Stuttgarter Nachrichten, man müsse zur Kenntnis nehmen, „dass es auch zwischen Freunden zu massiven geheimdienstlichen Übergriffen kommen kann“. Dagegen müsse sich Deutschland „mit der gesamten Bandbreite geheimdienstlicher Möglichkeiten wehren. Wir dürfen nicht in einer Richtung blind sein.“

Kritik von SPD und Grünen

In der SPD wird das anders gesehen. Ihr stellvertretender Fraktionschef Rolf Mützenich sagte der Zeitung: „Eine Ausweitung des BND-Aufklärungsauftrags auf das befreundete Ausland ist nicht hilfreich. Man kann doch nicht kritisieren, dass die US-Dienste maßlos Daten sammeln, und dann dasselbe tun.“

Auch die grüne Bundestags-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte in der Passauer Neuen Presse Überlegungen zur Ausweitung der Spionageabwehr. „Die Antwort auf Spionage ist nicht Gegenspionage. Es braucht mehr Sicherheit und gegenseitigen Respekt unter Partnern.“

Politiker fordern Krisengipfel

Politiker mehrerer Parteien forderten indes wegen der Affäre einen Krisengipfel von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit US-Präsident Barack Obama. „Entschuldigungen am Telefon gab es genug. Obama sollte schleunigst in den Flieger steigen. Canossa liegt in Berlin“, sagte die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, der Bild.

Der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Frieser, sagte dem Blatt: „Die USA wollen ihre Spionage gegen Deutschland offenbar nicht einstellen. Sie verweigern sich zudem auch jedem zwischenstaatlichen Abkommen zu diesem Thema. Das muss Konsequenzen haben, bis hin zu einem Spitzentreffen der Verantwortlichen.“

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschuss, Wolfgang Bosbach, forderte, dass die Affäre auch Konsequenzen für die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP haben müsse. „Ich bin nicht dafür, dass wir die Verhandlungen aussetzen, aber wir brauchen ein dickes Kapitel Datenschutz und Datensicherheit“, sagte Bosbach im Sender WDR5. Zuvor hatte es von unterschiedlicher Seite wiederholt Forderungen gegeben, die TTIP-Verhandlungen zwischen der EU und den USA vorerst ganz auf Eis zu legen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Um den Grad der Volkverdummung u.a zu diesem Themas erkennen zu können, ist folgender Filmbeitrag von Prof. Foschepoth Pflicht. Aber Vorsicht, er verändert das Trugbild der Heimat BRD und seiner Vorderen nachhaltigst..

     

    http://tinyentropy.com/2013/11/03/souveranitat-kann-man-sich-nicht-einfach-wunschen

     

    http://tinyentropy.com/2013/11/03/souveranitat-kann-man-sich-nicht-einfach-wunschen/

     

    Es wird keine Sekunde langweilig, die Spannung steigert sich unaufhörlich, bis man zum Ende rat- und fassungslos zurückbleibt.

    • @hans klaas:

      Sehr geehrter Herr Klaas, toll dass auch Sie auf Foschepoth hinweisen. Sein neues Interview mit der Tagesschau"Der BND ist ein Ziehkind der US-Dienste" unterstreicht dies noch einmal. Es ist mir unverständlich, dass selbst die Taz nur oberflächlich an das Thema herangeht. Die Reaktion der Bundesregierung ist so unverholen verlogen. Warum macht die deutsche Presse dies mit, mit Ausnahme vielleicht der SZ, die bereit 2013 über die waren Hintergründe berichtet hat.

      • @Peter Finger:

        Sehr geehrter Herr Finger,

        diese Frage stelle ich mir auch schon seit geraumer Zeit. Nicht nur zu diesem Thema. Aber anscheinend darf der Hinweis auf Foschepoth hier wenigstens veröffentlich werden, wenn auch ziemlich "versteckt"

        Bei Zeit, Focus und Co. abgelehnt, zensiert und wieder verschwunden..

  • Was machen Geheimdienste eigentlich genau? Wer sind unsere Spionageziele, und warum? Was ist nötig, was unentbehrlich, was verzichtbar, und warum jeweils? Anstatt die ganze Zeit den aktuellen Skandalen hinterherzuhecheln, sollten wir vielleicht mal anfangen, Grundsatzfragen zu stellen und zu debattieren. Wenn wir nicht selbst entscheiden, wofür wir die Geheimdienste haben wollen und warum, machen die hinter unserem Rücken, was sie selbst für richtig halten. Die Ergebnisse davon sehen wir ja jetzt seit November 2011 in den Skandalen um NSU/Verfassungsschutz und NSA...