Reaktionen auf Entscheidung aus Brüssel: Griechen sprechen sich Mut zu
Athen macht aus der Not eine Tugend, der Finanzminister gibt sich wegen der Sparauflagen optimistisch: „Griechenland ist auf dem richtigen Weg“.
ATHEN taz | „Griechenland hat sein Soll erfüllt, nun müssen die EU-Partner ihren Teil der Vereinbarung einhalten und die nächste Kredittranche aus dem laufenden Rettungspaket freigeben.“ Dieser Satz, den Premier Antonis Samaras noch vor der Verabschiedung eines neuen Sparpakets am vergangenen Mittwoch aussprach, wird von allen griechischen Regierungspolitikern gebetsmühlenartig wiederholt.
Dass die Euro-Finanzminister auf ihrem Treffen am Montagabend der griechischen Regierung zwei Jahre mehr zum Sparen gewährten, wird in Athen als gutes Zeichen gewertet. Dass sie mit der Freigabe der nächsten Kredittranche in Höhe von 31,5 Milliarden Euro noch zögern, sorgt jedoch für Unmut unter den Athener Koalitionspartnern.
Finanzminister Jannis Stournaras machte dennoch aus seiner Finanznot eine Tugend und erklärte, er sei zufrieden mit der Streckung der Sparauflagen um zwei Jahre. Griechenland sei auf dem richtigen Weg, hätte bereits zwei Drittel des schmerzhaften Wegs hinter sich und nun seien „Realismus und Flexibilität“ für das weitere Planungsvorgehen notwendig, so Stournaras. „Weißer Rauch in Brüssel“ titelt dazu die Athener Zeitung Ta Nea.
Nach Informationen der linksliberalen Zeitung der Redakteure drängen die EU-Partner jedoch auf zusätzliche Sparmaßnahmen in Höhe von 6,4 Milliarden, bevor sie die nächste Kredittranche freigeben. Diese Sparmaßnahmen würden ab 2015 fällig, müssten jedoch bereits im ersten Halbjahr 2013 feststehen, berichtet das Blatt.
„Wir halten kein Sparpaket mehr aus“
Dagegen sprach sich die konservative Abgeordnete und Ex-Außenministerin Dora Bakoyannis überraschend deutlich aus: „Bisher habe ich im Parlament für alle Sparpakete gestimmt und wurde deshalb zeitweise sogar aus meiner Partei ausgeschlossen. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich, dass wir kein Sparpaket mehr aushalten können und ich persönlich würde auch nicht mehr dafür stimmen“, erklärte Bakoyannis.
In Athen wird aufmerksam registriert, dass Frankreich am Montag wieder einmal auf eine politische Einigung für Griechenland drängte und erneut am deutschen Widerstand scheiterte, jedenfalls wird dies so in der griechischen Presse geschildert.
Der Chefredakteur der Athener Zeitung Kathimerini, Nikos Xydakis, kommentiert dazu: „Das wiedervereinigte Deutschland scheint eine europäische Hegemonie à la carte anzustreben, ohne jedoch eine Gegenleistung für seine Vormachtstellung erbringen zu wollen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Social-Media-Verbot für Jugendliche
Generation Gammelhirn
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern