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Reaktionen auf Brüssel im NetzMake fries, not war

Trauer und trotziger Humor: Wie so oft nach Terroranschlängen ist das Netz der Raum für Reaktionen und Verarbeitung.

Solidaritätsbekundungen und Poesiesprüche nicht nur im Netz: Brüssel am Mittwoch Foto: dpa

Berlin taz | Mitten in Brüssel steht ein Knabe und pinkelt in einen Brunnen. Wäre es nicht für das Atomium, Manneken Pis wäre wohl das brühmteste Wahrzeichen der belgischen Hauptstadt.

Nach den Terroranschlägen am Flughafen und einer Metrostation am Dienstag ist es dann auch diese Figur, die zu einem Symbol in den sozialen Netzwerken wird. “Pis & Love“ heißt es etwa in einem Tweet auf Twitter oder “Don‘t stop living, eating, drinking, p...! #BruesselAttacks won‘t change our w.o.l“ Die Attacken von Brüssel werden unsere Art zu leben nicht verändern.

Das ist die trotzige Reaktion, die so viele User nach den Attentaten mit 31 Toten und Hunderten Verletzten, die auch Tage danach nicht abebbt. Nicht nur die Statue aus Brüssel wird dabei genutzt, um der Angst und der Trauer nach den Anschlägen entgegenzutreten.

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Weltberühmt auch die belgischen Fritten – und nichts eignet sich besser für eine „Fuck off“-Reaktion als Pommes: die Fritte als ausgestreckter Mittelfinger Richtung Terroristen.

Die Tweets und Einträge greifen dabei oft den Spruch auf, der seit dem Anschlag auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo im Januar 2015 in Paris zum eindrücklichen Spruch wurde: Je suis Charlie. Ich bin Charlie. Nun heißt es: Je suis Bruxelles.

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Abgleiten in übermäßigen Kitsch

Und dann gibt es noch das literarische Kulturgut Belgiens, Tim und Struppi vom Comiczeichner Hergé. Tintin, wie er im Original heißt, weint auf Twitter, wird mit den belgischen Farben gezeichnet und ist eher Ausdruck des Schocks und der Trauer denn eines trotzigen Humors.

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Nach Tragödien diesen Ausmaßes kann jedoch auch das Abgleiten in übermäßigen Kitsch regelmäßig beobachtet werden. Da werden Profilbilder in die belgischen Nationalfarben getaucht und jeder ist eben in diesem Moment Brüssel. Das hat, bei aller echten und ernstgemeinten Anteilnahme, etwas von Pseudo-Solidarität.

Doch auch kaum eine Nation ist frei davon, weshalb natürlich fast alle architektonischen Wahrzeichen rund um den Globus in schwarz-gelb-rot ausgeleuchtet wurden: vom Brandenburger Tor bis zum Eiffelturm in Paris.

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Politisch werden die Karikaturisten, in deren Motiven sich häufig der Manneken Pis wiederfindet, der auf Gewehre und Bomben pinkelt. Und nicht wenige stellen sich die Frage, nach welchen Kriterien Solidarität verteilt wird. Warum trauern die Menschen öffentlich scheinbar mehr mit Opfern in Brüssel oder Paris, als in Istanbul oder Ankara? #PrayForTheWorld ist die Forderung, die viele User daraus ableiten. HAV

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2 Kommentare

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  • Jeder Mensch verarbeitet schlimme Erlebnisse auf seine ganz eigene Art und Weise. Ich finde es nicht besonders hilfreich, "das Abgleiten in übermäßigen Kitsch" zu monieren, nur weil man glaubt, der eigene Geschmack müsse das Maß aller Dinge sein in einem solchen Fall. Das ist er nämlich nicht.

     

    Wer den Zusammenhalt der "Menschen guten Willens" nicht unnötig gefährden möchte (und wer will das schon in einer Situation wie dieser), der tut vermutlich gut daran, so was zu unterlassen. Es ist schließlich schon schlimm genug, dass (mindestens) zwei der Attentäter gebürtige Belgier waren. Menschen also, die "unsere Art zu leben" (was immer das im Einzelnen auch meint) hätten teilen können – wenn sie es nur gewollt hätten.

     

    Sollten sich gewisse "maghrebinische[] Bevölkerungsanteil[e]" (Zitat: Françoise Misser in der taz) tatsächlich bereits verabschiedet haben aus der Gemeinschaft derer, die das Attentat verurteilen und ihre Betroffenheit zum Ausdruck bringen wollen, dann hat das vermutlich die selben Ursachen wie der Umstand, dass "scheinbar mehr mit Opfern in Brüssel oder Paris" getrauert wird, als mit denen "in Istanbul oder Ankara".

     

    Mia san mia – und alle anderen sind alle anderen. Dieses Denken ist die Basis der Entwicklung, die wir derzeit haben. Kultur kann trennen und verbinden. Es wäre besser, finde ich, sie würde nicht wie eine Bombe eingesetzt.

  • Die Antwort auf die Frage, warum sich die meisten Menschen eher mit Paris oder Brüssel solidarisieren als mit Ankara oder Istanbul, ist relativ leicht beantwortet. Der Präsident der Türkei ist nun einmal alles andere als ein Symphatieträger. Und Menschen verbinden mit einem Land in welchem Sie nicht leben in erster Linie die Aussenpolitik und bekannte Politiker. Das mag für die Menschen in Ankara und Istanbul nur ein schwacher Trost sein. Ändert aber nichts daran, dass sich in solchen Reaktionen die öffentliche Missbilligung des politischen Kurses der Türkei sehr deutlich äussert.