Razzia bei Pussy-Riot-Theaterstück: Farce in Moskau
Ein Reenactement des Pussy-Riot-Prozesses wird von Regierungsbehörden unterbrochen. Als Grund wird das Visum des Schweizer Regisseurs angeführt.
MOSKAU afp | Mitarbeiter der russischen Einwanderungsbehörde haben in Moskau die Aufführung eines Theaterstücks über den Prozess gegen die Punkband Pussy Riot unterbrochen. Sie hätten den Schweizer Regisseur des Stückes, Milo Rau, nach seinen Papieren gefragt, sagte der Vizechef der Behörde am Sonntag der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Der Künstler sei vorher ermahnt worden, dass er sich an die Vorschriften halten müsse. Sein Visum erlaube Rau keine „beruflichen Aktivitäten“.
Der Schweizer hatte das Stück „Die Moskauer Prozesse“ im Sacharow-Zentrum, einem Museum für Menschenrechte, auf die Bühne gebracht. Mehrere Beteiligte des Pussy-Riot-Prozesses im vergangenen Jahr spielten mit, darunter auch Bandmitglied Jekaterina Samuzewitsch.
Die Sprecherin des Sacharow-Zentrums sagte, sie habe keinerlei Zweifel, dass es der Einwanderungsbehörde eigentlich um das Theaterstück gegangen sei. Die Aufführung sei für zwei Stunden unterbrochen worden. Festnahmen habe es nicht gegeben.
Später wurde das Stück erneut unterbrochen, weil sich vor dem Sacharow-Zentrum orthodoxe Christen und Kosaken versammelt hatten. Einige von ihnen seien hineingebeten worden, um sich zu überzeugen, dass das Theaterstück nicht antireligiös sei, schrieb ein Mitarbeiter des Zentrums im sozialen Online-Netzwerk Facebook.
Die regierungskritische Punkband Pussy Riot hatte im Februar 2012 in der Moskauer Christi-Erlöser-Kathedrale gegen den damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Präsidenten Wladimir Putin protestiert. Im August wurden die drei Aktivistinnen der Gruppe zu jeweils zwei Jahren Lagerhaft verurteilt. Die Strafe für Samuzewitsch wurde später auf Bewährung ausgesetzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen