Rauchverbot in Berlin: Zäher Kampf um die Kippe

Sechs Wochen nach Einführung des Rauchverbots heißt es in den meisten Kneipen nach wie vor: Feuer frei.

Schon wieder randvoll: Aschenbecher in Zeiten des Rauchverbots Bild: AP

Im Krüger denkt man bereits über Aufstand nach. "Wir sollten uns nicht alles gefallen lassen", sagt Stammgast Uwe. "Sonst verbieten sie als nächstes Alkohol, dann die Currywurst, und am Ende müssen wir zum Lachen ins Ausland fahren." Uwe ist im Krüger mit seiner Meinung nicht allein: In der Kneipe am Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg darf nur noch im Hinterzimmer geraucht werden. Dort ist es rammelvoll, vorne bei den Nichtrauchern sitzt dagegen kaum jemand.

Gut für Restaurants, schlecht für Kneipen: Diese zwiespältige Bilanz ziehen Gastronomen sechs Wochen nach Einführung des Rauchverbots in öffentlichen Räumen. Während sich das qualmfreie Essen großer Beliebtheit erfreut, scheint das Bier ohne Zigarette nur wenigen zu schmecken: Kneipenwirte verteilen wieder Aschenbecher - weil ihre Umsätze sanken.

Uwe wundert das nicht. Auch in Zukunft wird seiner Meinung nach keine einzige Zigarette weniger geraucht werden - nur eben zu Hause oder vor der Tür. Der Staat habe ja eigentlich nichts gegen Raucher, schließlich sei der Finanzminister weiterhin auf die Einnahmen aus der Tabaksteuer angewiesen. Uwes Fazit, bevor er sich die nächste Kippe ansteckt: Das neue Rauchverbot sei "absurd".

Raucher bestehen auf ihrer Zigarette. Diese Erfahrung machen derzeit viele Berliner Wirte. Wer den blauen Dunst verbietet, bei dem läuft das Geschäft schlechter (Interview unten). Dass die Wirte die Wahl haben, liegt an der geltenden Übergangsfrist: Offiziell ist Rauchen in Kneipen schon seit Januar nicht mehr erlaubt, doch bis Mitte des Jahres werden keine Bußgelder verhängt.

Tolgay Özcetin, Betreiber der Cocktailbar Más y más in der Kreuzberger Oranienstraße, hat es ausprobiert mit dem Rauchverbot. Auch aus persönlichen Gründen - der langjährige Raucher hörte vor drei Jahren auf. Doch in seiner Bar atmete er weiterhin Nikotin ein. Mit drastischen Folgen: Nach jeder Schicht habe er sich am nächsten Morgen gefühlt, als ob er die Nacht durchgetrunken hätte.

Im Januar kamen die Aschenbecher bei Özcetin vom Tisch, seitdem ist der Umsatz seinen Angaben nach "spürbar gesunken". Schon denkt er darüber nach, das Rauchen für die nächsten Monate wieder zu erlauben. Denn in den meisten Kneipen und Cafés in der Nachbarschaft darf weitergequarzt werden.

Lena und ihr Freund Oliver sind bewusst ins rauchfreie Más y más gegangen. "Endlich ist der Gestank weg", sagt Lena. "Dafür riecht man jetzt, wenn jemand zu viel Parfüm aufgetragen hat oder nach Schweiß stinkt." Oliver stört, dass durch die Übergangsfrist ungewiss ist, wo geraucht wird und wo nicht: "Wenn man sich darauf verlassen kann, dass es überall gilt, werden wir sicher häufiger ausgehen." Das zeigen auch die Erfahrungen aus anderen Ländern: Wenn das Rauchverbot erst einmal flächendeckend gilt, können die Kneipen wieder neue Zielgruppen gewinnen.

Manche Lokale haben vor der Tür ein Partyzelt mit Heizpilzen aufgebaut, damit die Raucher im Freien nicht frieren müssen. Damit begeben sich die Betreiber aber auf dünnes Eis, denn offenes Feuer in Zelten ist mit den Brandschutzbestimmungen nicht vereinbar. Den Erkältungsschutz für Raucher wird es nur bis zur nächsten Kontrolle des Ordnungsamts geben.

Sogar die erste Schlägerei gab es schon wegen des Rauchverbots: Als der Barchef der Vienna Bar in der Charlottenburger Kantstraße einem Gast keinen Aschenbecher geben mochte, rastete der aus und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Der Gastronom musste ins Krankenhaus. Dabei gibt es in der Bar einen abgetrennten Bereich für Raucher - dorthin wollte der Gast aber nicht gehen.

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