piwik no script img

Rauchverbot auf KinderspielplätzenNeuköllner Rauchzeichen

Auf Berliner Kinderspielplätzen herrscht Rauchverbot - Neukölln und Treptow-Köpenick bilden bislang die Ausnahme. Das wollen die Grünen jetzt ändern.

Spielplatz statt Rauchplatz: bald auch in Neukölln? Bild: dapd

Den Spielplatz an der Neuköllner Karl-Marx-Straße besuchen Anja Schulte* und ihr zwei Jahre alter Sohn fast täglich. Während ihr Sohn im Sand spielt, wartet die 30-Jährige am Rand und steckt sich dabei auch häufiger mal eine Zigarette an. „Es ist ganz normal, dass die Eltern am Rande des Spielplatzes rauchen“, sagt Schulte. Das allerdings könnte sich nun ändern: Heute will Jochen Biedermann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Neuköllner Grünen, einen Antrag in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) einbringen, der das Rauchen auf den Spielplätzen und Grünanlagen des Bezirks verbieten soll.

„Zigaretten haben auf Kinderspielplätzen nichts verloren“, sagt Biedermann, selbst Gelegenheitsraucher. Er wolle ein Zeichen setzen, um das Thema „Rauchen und Kinder“ stärker ins Bewusstsein zu rücken. Die Spielplätze des Bezirks, so Biedermann, müssten künftig mit entsprechenden Verbotsschildern gekennzeichnet werden.

Ob Rauchen auf Spielplätzen erlaubt ist oder nicht, liegt in den Händen der Bezirke – und Neukölln und Treptow-Köpenick sind die letzten, in denen noch kein Verbot gilt. Laut Grünanlagengesetz kann bei Missachtung eines Verbots ein Bußgeld in Höhe von 5.000 Euro fällig werden. Dazu allerdings bedarf es Kontrollen – und dass diese in Neukölln auf den Weg gebracht werden können, ist unwahrscheinlich.

Der zuständige Neuköllner Stadtrat für Bauen, Natur und Bürgerdienste, Thomas Blesing (SPD), hält ein ernsthaft durchgesetztes Rauchverbot aus Kostengründen „für ausgeschlossen“. Erstens habe das Ordnungsamt des Bezirks mit ganz anderen Problemen wie etwa der mutwilligen Zerstörung von Spielgeräten zu tun. Und zweitens sei ein Verbot nur dann sinnvoll, „wenn man es auch überprüfen kann“. Dass sich die Eltern nur durch das Verbot zu rücksichtsvollem Verhalten erziehen lassen, sei unwahrscheinlich.

Keine „Patrouillen“

Zwar sieht auch Biedermann ein, dass sich der Bezirk keine „Sonderpatrouillen“ leisten könne. Aber die Mitarbeiter des Ordnungsamts, sagt er, müssten eben aktiv werden, „wenn sie ohnehin über die Grünanlagen laufen“.

Laut einer aktuellen Statistik des Abgeordnetenhauses ist der Bezirk Reinickendorf führend, was die Kontrollen von Rauchverboten auf Spielplätzen angeht: Mit 358 Kontrollen im Jahr 2011 liegt er deutlich vor allen anderen. Danach kommt Mitte mit gerade einmal zehn vermerkten Überprüfungen.

Ehrenamtliche Unterstützung bekommen die Mitarbeiter der Ordnungsämter der Stadt allerdings von Wolfgang Behrens, seit 36 Jahren Nichtraucher und Vorsitzender des Nichtraucherbundes Berlin-Brandenburg. Vor allem in seinem Kiez in Tempelhof setzt sich der Pensionär gelegentlich auf eine Bank am Spielplatz und spricht rauchende Eltern auf ihre Vorbildfunktion an. „Manche fühlen sich regelrecht ertappt“, sagt Behrens. Er habe sogar schon beobachtet, wie Eltern ins Gebüsch geschlichen sind, „um von dort aus die Kleinen im Blick zu haben und heimlich eine zu qualmen“. Die Gefahr beim Rauchen auf Spielplätzen bestehe vor allem darin, dass sich die Kinder die Kippenstummel in den Mund stecken und dadurch vergiften.

Anja Schulte hat das Rauchen wegen ihres Sohnes deutlich reduziert. Ihr sind die bezirksabhängigen Unterschiede der Eltern im Rauchverhalten gut bekannt: „Wenn man auf Spielplätzen in Mitte und Prenzlauer Berg ist, wird man schräg angeguckt, wenn man in der Nähe der Kinder raucht.“ Dort, hat sie beobachtet, gingen die Eltern oft kurz raus vor die Umzäunung, um sich eine Zigarette anzustecken.

* Name geändert

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • M
    Megestos

    Also, moment mal, wenn die Gefahr darin besteht, dass sich ein Kind an einem Zigarettenstummel verschluckt oder vergiftet - würde es dann nicht ausreichen, geschlossene Aschenbecher aufzustellen und die RaucherInnen zu zwingen, ihre Zigaretten dort zu entsorgen?

  • N
    Nansy

    Immer mehr Menschen verstehen inzwischen, dass es hier nicht mehr um Nichtraucherschutz geht, sondern um die Durchsetzung einer tabakfreien Welt (das selbsterklärte Ziel der WHO). Mit diesem Ziel vor Augen, darf man dann schon ein bißchen gängeln und ausgrenzen.

     

    Schon auf der dritten "Weltkonferenz Rauchen und Gesundheit" hat man die Strategien entwickelt, mit denen unsere Gesellschaft heute auseinanderdividiert wird (Nichtraucher gegen Raucher). Als Ziele wurden u.a. genannt:

    - Ein soziales Umfeld sollte geschaffen werden, in dem Rauchen nicht akzeptiert wird (Create a social environment in which smoking is unacceptable),

     

    - Rauchen sollte in der Öffentlichkeit immer mehr erschwert werden (..we can and should make it more and more difficult for the individual to smoke cigarettes in public),

     

    Ein Blick in die Leserbriefe und Blogs läßt heute schon erahnen, dass zukünftig immer mehr das Rauchen im Freien bei Wind und Wetter zum Problem gemacht werden soll, zumindest von den militanten Anti-Rauchern. Das hat nun überhaupt nichts mehr mit Nichtraucherschutz zu tun, sondern nur noch mit der Ausgrenzung einer missliebigen Gruppe von Menschen.

  • KF
    Kippen freie Buddelplätze

    Ich habe auch etwas dagegen, ständig gegengelt zu werden.

     

    Aber Kippen auf Spielplätzen können für die Kleinsten lebensgefährlich sein. Bitte nicht vergessen, eine verschluckte Kippe kann ein Kleinkind umbringen.

     

    Dies sollten alle Raucher wissen und überlegen, ob ihr Recht auf Freiheit mehr wiegt, als das Recht des Kindes auf Gesundheit und Leben.

     

    Es geht nicht um den Dunst sondern um Kippen und die Gefahr für Keinkinder. Die Lütten stecken alles in den Mund was sie auf dem Boden finden.

  • G
    Gunter

    Am Besten gleich alles verbieten in Deutschland. Im Freien rauchen zu verbieten, kann man auch gleich den Aufenthalt im Freien verbieten. Passt zur gewollten totalen Kontrolle in unserer Bananenrepublik, sollen doch alle besser zuhause bleiben und die Werbesendungen glotzen.

  • P
    Piet

    Na, das nenne ich mal konsequent ausgrenzende Klientelpolitik!

     

     

    Erst die qualmenden Hartz4-Muttis

    per Bußgeldandrohung vergraulen –

     

    und in nullkommanix hat

    die diplomierte 39jährige Erstgebärerin

    den Spielplatz für sich und ihre FreundInnen allein...

     

     

    Was wollen uns die Grünen damit sagen?

     

    "Eure Armut kotzt uns an..."?

     

     

    @ Beelzebub: Bull's eye! Danke!

  • DR
    der raucher

    Das zeigt ja mal ganz eindeutig, dass all die angeblichen Nichtraucherschutzgesetze gar nichts mit dem vorgeschobenen Grund des Schutzes der Nichtraucher zu tun hat sondern lediglich ein missionarischer Auftrag ist. Es gibt ja wohl keinen rational begründbaren Grund dafür warum man im Freien nicht rauchen sollte. Dass Zigarettenstummel auf dem Spielplatz nichts verloren haben kann man soweit ja einsehen aber dann muss man das Wegwerfen verbieten und nicht das Rauchen selbst. Davon abgesehen gehe ich davon aus, dass das kein Problem wäre wenn es mehr Möglichkeiten gäbe diese zu entsorgen (was im Übrigen für sämtlichen Müll gilt). Dasselbe gilt für Rauchverbote in Lokalen. Gibt es einen einsichtigen Grund für ein Verbot von Raucherräumen, das in manchen Bundesländern existiert. Wenn man den Arbeitsschutz eng auslegt kann man ja Bedienung im Raucherraum untersagen. Dann kann ja wohl niemand mehr behaupten, dass noch irgendjemand gegen seinen Willen geschädigt wird. Hier wird offensichtlich, dass es um Gängelung auf Basis einer persönlichen moralischen Sichtweise geht und nicht um den Schutz anderer. Ich dachte eigentlich immer, dass zur Freiheit gehört, das man leben kann wie man will solange man niemanden schädigt. Aber anscheinend interessiert das viele Menschen überhaupt nicht mehr. Frei bewegt man sich anscheinend nur noch wenn man auf Mehrheitslinie schwimmt. Solche Ansätze von den Grünen von denen man erwartet hätte, dass sie auf Minderheitenschutz größten Wert legen. Aber anscheinend hat sich die ideologische Verblendung, dass man Andere zu ihrem Glück zwingen muss auch nach dem Fall des real existierenden Sozialismus noch nicht überholt.

  • S
    Schnapsdrossel

    Alles reglementieren wollen Herr Biedermann und die Biedermänner. Auf einem Spielplatz rauchen finde ich nicht persönlich nicht gut. Doch diese penetranten Versuche alles und jedes verbieten zu lassen und unter Strafe zu stellen was einem nicht passt, wo führt das bitte hin.

    Früher hat man solche Typen wie Herrn Biedermann Blockwart genannt und wenn dann mal wieder eine Partei an die Macht kommen würde die ordentlich durchgreift, dann würde sich Herr Biedermann nicht ermahnend daneben setzen sondern gleich ansch......

    Gruslig - einfach nur noch gruslig die Grünen und ihre besserwisserische Art die Welt zu sehen.

  • QS
    Quietschbunter Snob

    Wann wird endlich das Atmen verboten?

  • F
    frederik

    Auto und Zigaretten? Sie haben Recht. Zuerst sollte man sich um die Autos kümmern. Nur das blöde, als man das tun wollte, haben die Autofahrer gesagt erstmal die Zigaretten. Dann wollte man sich um Fast Food kümmern, da haben die Betroffenen wieder gesagt zuerst die Raucher. An Alkohol wollte man auch schon ran, aber was haben die wieder gesagt ? richtig, die haben auch auf die Raucher gezeigt.

    Irgendwie haben alle was gegen Raucher.

  • B
    Biermösl

    Biedermann (der Name passt wie die berühmte Faust auf's Auge) ist bestimmt typischer Vertreter der Grünen, insofern überrascht diese absurde Forderung nicht wirklich. Wenn ich den Artikel richtig verstehe, soll auch in Grünanlagen (alle Parks?) das Rauchen verboten werden... geht's noch?

     

    Während auf der Karl-Marx-Str. pro Minute dutzende Autos vorbeigasen, soll die Zigarette am Rand das Problem sein? Wie wär's mit einer vernünftigen Verkehrspolitik, anstatt Eure Beißreflexe an den Rauchern auszulassen? Aber gegen die Autolobby traut Ihr Euch nicht, gell? Wie verlogen und spießig können die Grünen eigentlich noch werden?

  • A
    Achim

    Wir brauchen Raucherzonen! Überall! Mit Zaun! Ohne Dach! Eng muss es sein! Alle Wegsperren! Verbrecher!

    Und am besten hängen wir denen noch Schilder um, damit unsre Kinder wissen, was das für Leute sind, auch wenn die nicht rauchen. Diese Hauptschüler.

     

    Übrigens sollten wir auch Regeln finden für das Ein -und Aussteigen öffentlicher Verkehrsmittel, für das Tempo auf Bürgersteigen, für den Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit, für unsre Klamotten...

  • F
    Feurio

    Biedermann und die Brandstifter... aber ob den Eltern das Schultheiß ohne Kippe überhaupt noch schmeckt? Nicht, daß sie die Kinder nur noch in der Kneipe spielen lassen

  • B
    Bernhardt

    Machen ! Sofort ! Berlin weit !

    Und ich würde mir noch einen Mindestabstand vor Eingängen wünschen. Momentan muss man immer erst durch die davor lungernden Rauchergruppen, die nichtmal in der Lage sind ihre Kippen richtig auszudrücken.

  • B
    Beelzebub

    "Ein Grüner ist erst dann richtig glücklich, wenn er anderen etwas verbieten kann." (Wiglaf Droste)