Ratlos nach der Anhörung

■ Der Erörterungstermin über die Streckenführung für den Transrapid brachte viele Fragen, aber kaum Antworten

Ulrike Kielhorn sucht nach dem passenden Wort. Noch ein Zug an der Zigarette, dann hat sie es: „fassungslos“. „Ja, ich bin fassungslos, daß die grundlegenden Fragen heute wieder nicht beantwortet wurden.“ Fast fünf Stunden hat die Vertreterin der Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz gestern im ehemaligen DDR-Staatsratsgebäude am Schloßplatz ausgeharrt. Eingeladen hatten Vertreter der Magnetbahn-Planungsgesellschaft und der Landesplanung alle betroffenen Behörden zu einem Eröterungstermin. Einziges Thema: Transrapid.

Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, wird im Jahre 2005 der Transrapid (Spitzengeschwindigkeit 400 km/h) zwischen Hamburg und Berlin verkehren. Fahrzeit: eine Stunde, also nur 30 Minuten weniger, als ein ICE nach Sanierung der vorhandenen Trassen benötigen würde. Neun Milliarden Mark soll der Spaß kosten. Das Projekt ist umstritten und krankt an allen Enden.

Beispiel 1, Ekkehard Wolter, Umweltamt Wedding: Schon jetzt sei die Luftverschmutzung im Bereich Lynarstraße, gelegen zwischen einem großen Pharmakonzern und einem Wohngebiet, bedenklich hoch. Durch den Bau der Magnetbahn, in aufgeständerter Hochbauweise, werde der dringend notwendige Luftreinigungsprozeß erheblich behindert.

Beispiel 2, Doris Brandl vom Stadtplanungsamt Spandau: Ganz deutlich habe sich das Bezirksamt gegen die aufgeständerte Gleisbauweise und eine damit verbundene Verschandelung des Stadtbildes ausgesprochen. Von Weststaaken ausgehend, soll die Strecke des Transrapids teilweise oberirdisch in die Stadt hineinführen.

Beispiel 3, Stephan Lange, Stadtplanungsamt Tiergarten: Teils unter-, teils oberirdisch werde der Transrapid, ähnlich einer Achterbahn, den Bezirk durchrasen. Die Lärmbelästigung für die Moabiter sei enorm.

Ein weiteres Beispiel: Noch ist völlig unklar, wo der Transrapid einmal enden wird. Am Lehrter Stadtbahnhof oder am Bahnhof Papestraße? Letztere Variante favorisiert Stephan Lange. Seine Argumente: Entlastung des überfrachteten Lehrter Stadtbahnhofs und des Bezirks Tiergarten. „Es muß doch nicht auch noch der Transrapid im Regierungsviertel enden.“ Seine Befürchtung: „Soll ganz Moabit im Dreck ersticken?“

Andere Bedenken: Die Gefährdung des unter Denkmalschutz stehenden Schloßparks Charlottenburg; die Zerstückelung des gesamten Stadtbildes; das Wegfallen von Grünflächen. Um so erstaunlicher die anfängliche Bemerkung von Horst Fechner, dem Chef der Magnetbahn-Planungsgesellschaft: Wenn der Bedarf nicht da sei, werde der Transrapid auch nicht gebaut. Allerdings: Neueste Angaben zum erwarteten Passagieraufkommen konnte er nicht machen. An die stets genannten 14 Millionen pro Jahr (Erhebung von 1990/91) glaubt längst keiner mehr. „Das ist doch gerade die Frage: Wird der Transrapid überhaupt gebraucht?“ sagt Naturschützerin Ulrike Kielhorn. Jens Rübsam