Rathausaffäre in Hannover: Oberbürgermeister tritt zurück
Nach Veruntreungsvorwürfen und einer Anklage zeigt Stefan Schostok Einsicht. Am Dienstag beantragt Hannovers OB vorzeitigen Ruhestand.
Ein Schuldeingeständnis indes war das nicht. „Ich war und bin mir keines Fehlverhaltens bewusst, aber die Entscheidung darüber liegt nun beim zuständigen Gericht“, sagte Schostok am Dienstag. In der vergangenen Woche hatte die Staatsanwaltschaft Hannover Anklage gegen den SPD-Mann erhoben. Ihm wird vorgeworfen, unrechtmäßige Gehaltserhöhungen für einen seiner beiden engsten früheren Mitarbeiter gewusst und sie gebilligt zu haben. Dabei soll es insgesamt um bis zu 50.000 Euro gehen. In einem weiterem Fall ist von einem Gehaltszuschlag von insgesamt über 14.000 Euro die Rede.
Schostok selbst soll sich nicht bereichert haben, er selbst bestritt bis zum Schluss, von der Unrechtmäßigkeit der überhöhten Gehälter gewusst zu haben. Das indes könnte eine Lüge sein, laut Spiegel hat Schostok schon im Oktober 2017 gewusst, dass es für die Zuschläge „keine gesetzliche Grundlage“ gibt. Das zumindest soll Schostok als Info per Whatsapp verschickt haben. Bereits in der vergangenen Woche hatten hatten CDU, Grüne, FDP, aber auch Teile seiner eigenen Partei von Schostok, der eine Ampelkoalition mit den Grünen und der FDP führt, gefordert, vom Amt zurückzutreten.
„Der Rücktritt von Oberbürgermeister Schostok ist ein Befreiungsschlag für Hannover“, kommentierte Kai Seefried, Generalsekretär der CDU in Niedersachsen, Schostoks Entscheidung. Die Linke zollt dem 54-Jährigen für seinen Schritt „Respekt“, will aber prüfen lassen, ob ihm seine „Ruhestandsbezüge durch ein Gerichtsurteil aberkannt werden können“, sagte Dirk Machentanz, Fraktionschef der Linken im Rat von Hannover. Schostok dürfte mit 35 Prozent seines derzeitigen Gehalts in Höhe von 12.700 Euro brutto in den Ruhestand gehen.
Causa Schostok erschüttert SPD
Auch für den SPD-Vorsitz des Bezirks Hannover wird Schostok nicht mehr kandidieren. Der nächste ordentliche SPD-Bezirksparteitag findet am 22. und 23. Mai in Lüneburg statt, dort wird sich Schostok nicht mehr zur Wahl stellen, teilte die SPD in Hannover mit. Die Causa Schostok, die als „Rathausaffäre“ gehandelt wird, erschüttert die SPD in der niedersächsischen Landeshauptstadtr, einer der wichtigsten SPD-Hochburg des nördlichen Bundeslandes. In Hannover waren seit 1946 sämtliche Oberbürgermeister Sozialdemokraten oder wurden von der SPD gestellt.
Jetzt hofft die CDU, bei einer Neuwahl in spätestens sechs Monaten den Rathausposten zu besetzen. Das indes ist noch nicht ausgemacht, die Grünen hatten bei der letzten Kommunalwahl 2016 mit über 16 Prozent nicht allzu schlecht abgeschnitten. Die Grünen-Fraktionschefin Freya Markowis hatte in der vergangenen Woche Schostoks Rücktritt gefordert und gesagt: „Hannover braucht jetzt den Neuanfang.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?