Rasterfahnung: Der bisher größte Fehlschlag
Die Massensuche nach islamistischen "Schläfern" endete mit einem Rüffel aus Karlsruhe. 400 Ermittler überprüften Jahren rund 1700 Personen - ohne Ergebnis.
FREIBURG taz Rasterfahndungen können zur Aufklärung und zur Verhinderung von Straftaten eingesetzt werden. Die MPI-Studie untersuchte nur die erste Variante. Deshalb erfasst sie auch nicht die größte Rasterfahndung der Geschichte. Nach den Anschlägen von 2001 wollte die Polizei wissen, ob es in Deutschland weitere unerkannte islamistische Terroristen, sogenannte Schläfer gibt.
Bundesweit wurden bei Einwohnermeldeämtern, Universitäten und im Ausländerzentralregister die Daten von insgesamt rund 8,3 Millionen Menschen erhoben. Aus diesen wurden alle Personen ausgerastert, die folgende Kriterien erfüllten: 18 bis 40 Jahre, männlich, (ehemaliger) Student, Muslim, legaler Aufenthalt, Herkunft aus einem von 26 Staaten mit überwiegend muslimischer Bevölkerung. Insgesamt blieben zunächst 32.000 Personen im Raster hängen. Nach dem Abgleich mit weiteren Dateien blieben am Ende 1.689 Personen, die die Länderpolizeien einzeln überprüft haben. Die- se "Informationsverdichtung" dauerte über ein Jahr und band allein in Nordrhein-Westfalen 400 Ermittler. Konkrete Treffer blieben aus. Der Chef des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke betont zwar, man habe wichtige Erkenntnisse erhalten. In weiten Teilen der Polizei gilt die Aktion als Fehlschlag.
Im Mai 2006 wurde diese Fahndung sogar vom Bundesverfassungsgericht beanstandet. Eine präventive Rasterfahndung dürfe nur bei einer konkreten Gefahrenlage angeordnet werden. Eine allgemeine Bedrohung wie nach dem 11. 9. 2001 genüge nicht, dazu sei die Belastung der meist völlig harmlosen Personen, die näher überprüft werden müssen, zu hoch. BKA-Mann Ziercke kritisierte das Urteil: "Da eine Rasterfahndung aufwändig ist, können wir nicht warten, bis die Gefahr konkret ist."
Bisher sind präventive Rasterfahndungen nur in den Polizeigesetzen der Länder geregelt. Bei der bundesweiten Aktion nach 2001 konnte das BKA nur koordinieren. Das will Innenminister Schäuble in seiner geplanten BKA-Novelle ändern. Demnach soll das BKA selbst präventive Rasterfahndungen durchführen können, etwa wenn Verdächtige mit "konkreten Vorbereitungshandlungen" für einen Anschlag begonnen haben. CHR
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