Rassismus und Antisemitismus: Wo bleibt die Zuversicht?

In Krisenzeiten hilft der Blick in den neuen Asterix-Comic, der positives Denken propagiert, auch nicht mehr. Hetze, wie von der CDU, genauso wenig.

Asterix und Obelix

Asterix und Obelix hat einen neuen Texter Foto: Foto: Christophe Guibbaud/picture alliance

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Abscheu über den Schurkenstaat Katar.

Und was wird besser in dieser?

Gute Gespräche mit dem Vermittler Katar.

Laut Friedrich Merz sind Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen schuld am maroden Bildungssystem. Gehört gegen Kinder hetzen jetzt zum guten Ton in der deutschen Politik?

Unser Gesundheitssystem wäre ja auch super, wenn die Leute nicht ständig krank würden. „Jeder zweite Türke muss zurück, der Rest sollte in der deutschen Sprache geschult werden.“ So raunte Bundeskanzler Helmut Kohl, Merz’ politischer Ahn, 1982. Und bis in die 90er: „Deutschland ist kein Einwanderungsland und wird es auch nicht werden.“ Merz weiß also seit gut 40 Jahren und darin sieben CDU-Regierungen, wer es wie vergeigt hat. Jeder zweite CDU-Vorsitzende verweigert die Realität, der Rest handelte wider besseres Wissen.

Goofy wurde zum Jugendwort des Jahres gewählt. Haben Sie das Wort schon mal aus dem Mund eines Jugendlichen gehört?

Ja, vor 50 Jahren.

Der neue Asterix-Comic „Die weiße Iris“ ist da. Es geht um einen Coach, der die Gallier und Römer in positivem Denken schulen soll. Der perfekte Lesestoff in Krisenzeiten?

Die „Iris“ spiegelt den 1973er Band „Streit um Asterix“. Dort entsendet Caesar den hochinfektiös intriganten „Tullius Destructivus“ ins gallische Dorf. In seiner Gegenwart verfärben sich die Sprechblasen gallegrün und zerspalten jedwede Gesellschaft. Also ungefähr AfD. Diesmal kommt mit „Visusversus“ ein gegelter Eso-Schmierlapp und säuselt werteblasierten Heilschaum. Das mag irgendwo zwischen Grün, Öko, Zeugen Jehovas und wokeness liegen. Und mit der Insrechtsetzung „zünftiger Keilerei“ und ordentlich Schweinefleisch irgendetwas aussagen wollen. Der neue Texter mag so „den besten Asterix seit 40 Jahren“ geschaffen haben, wie der Spiegel meint. Zu viel des Guten: Das Heft ist heillos übertextet und sprechbläst das Publikum um.

Deutschland belegt einen traurigen ersten Platz in einer EU-weiten Studie über Rassismus gegen Schwarze Menschen. Überrascht Sie das?

Die Studie erfasst nur 13 von 27 EU-Staaten, und verweist in einer Fußnote darauf, dass im Berichtszeitraum die „Black Lives Matter“-Bewegung emporkam und weltweite Sensibilisierung gegen rassistisches Unrecht gestiegen sei. Eine nüchterne Auslegung würde also besagen, dass in Deutschland Empowerment und Bewusstsein gegen Diskriminierung erheblich gestiegen sind. Das ist nicht schön, aber zuversichtlicher.

Jens Spahn findet, man müsse Geflüchtete notfalls mit „physischer Gewalt“ an der Grenze aufhalten. Zeit für einen Wechsel zur „Massiv abschieben“-Partei des Bundeskanzlers?

Spahn, der sich als arbeitsloser Minister zu einer Art Universalgelehrtem entwickelt, covert hier Alice Weidel und Beatrix von Storch. Und damit den Trend, die AfD durch Ähnlichkeit bekämpfen zu wollen. Olaf Scholz demonstriert erneut sein „Zeitenwende“-Muster: „Wenn Du absiehst, dass der Zug Dich überrollt – werde Lokomotivführer.“ Aus der SPD-Grundwertekommission ruft Vorsitzende Gesine Schwan, das sei „eindeutig eine wahltaktische Angelegenheit“, die Regierung gebe selbst zu, dass eine Handvoll Abschiebungen mehr „ein Tropfen auf den heißen Stein“ seien. Man müsse bei dem Thema vielmehr „die Bevölkerung beruhigen“. Wird schon seinen Grund haben, warum solche Leute in Kommissionen endgelagert werden.

Fridays for Future postet antisemitische Verschwörungstheorien auf seinem internationalen Instagram-Account. Die deutsche Sektion distanziert sich. Ist das das Ende der globalen Klimabewegung?

Die grassierende Gleichsetzung von „propalästinensisch“ und „antisemitisch“ zeigt, wie eine Zuspitzung zur Lüge wird. Wer die palästinensische Bevölkerung unterstützen will, hat Respekt verdient. Wie jeder, der die israelische Bevölkerung unterstützt. Es gibt Menschen, die schaffen beides. In beiden Ländern. Wer in dieser hochexplosiven Lage selbstgefällig dummdreist daherpoltert, schwächt die Chancen der Vernünftigen und nimmt sich aus dem Diskurs.

Und was machen die Borussen?

Mit Bochum, Köln und Mainz stehen drei durchaus sympathische Klubs auf den Abstiegsplätzen. Diese zunehmend seelenlose Liga müsste uns doch Geld bieten, damit wir Meister werden. Ach na ja, tut sie. Egal.

Fragen: Vivien Mirzai, Elisa Pfleger und Anna Hollandt

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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